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06.05.2016

Überdurchschnittlich viele Sitzenbleiber an Bayerns Schulen: Was tun?

Standpunkt von Peter Tomaschko, Mitglied des Ausschusses für Bildung und Kultus des Bayerischen Landtags, für die Bayerische Staatszeitung

Im Schuljahr 2014/15 wiederholten 42.650 Schülerinnen und Schüler der Grund-, Mittel-, Wirtschafts- und Realschulen sowie der Gymnasien in Bayern die Klasse; das entspricht knapp 3,5 Prozent. Laut statistischem Bundesamt liegt der bundesweite Durchschnitt bei 2,3 Prozent. Soweit die nackten Zahlen.

Doch es lohnt auch hier, genauer hinzusehen: Soweit statistisch ermittelbar, wiederholt die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler freiwillig; so waren zum Beispiel an der Grundschule im Schuljahr 2014/15 lediglich 6,4 Prozent Pflichtwiederholer, die überwiegende Mehrheit drehte eine freiwillige „Ehrenrunde“. Es scheint also sehr gute, überzeugende Gründe für Schülerinnen und Schüler sowie für deren Eltern zu geben, eine Klasse zu wiederholen: „Sitzenbleiben“ wird mehrheitlich offenbar nicht als peinliches Versagen gesehen, sondern vielmehr als Chance begriffen, versäumten oder unzureichend verankerten Schulstoff nachzuholen beziehungsweise zu vertiefen, um auf dieser Basis den weiteren Schulweg erfolgreich bestehen zu können.

Dies zeigt: Das berüchtigte „Sitzenbleiben“ hat sich in der Schulpraxis zu einer pädagogischen Maßnahme gewandelt, die mit Augenmaß und in sorgfältiger Abwägung des jeweiligen Einzelfalls nach wie vor zur Anwendung kommt – allerdings in sinkendem Ausmaß: In Bayern ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die eine Jahrgangsstufe wiederholen, seit Jahren rückläufig. Offensichtlich gelingt es unseren Lehrkräften immer besser, Schülerinnen und Schüler im differenzierten, begabungsgerechten und durchlässigen Schulwesen nach ihren Bedürfnissen, Interessen und Fähigkeiten und an der richtigen Stelle individuell zu fördern. Es ist daher eine sehr erfreuliche Entwicklung, dass die Zahl der Klassenwiederholungen in Bayern zurückgeht.

Abschaffen werden wir diese jedoch nicht – weder als freiwillige noch als verpflichtende Wiederholung: Wir brauchen dieses Instrument weiterhin. Denn nur so geben wir den betroffenen Schülerinnen und Schülern eine echte Chance, ihre Lücken zu schließen und einen ordentlichen Schulabschluss zu erreichen.

 

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