Aktuelle Themen
06.05.2016

Soll es beim Wechsel auf eine weiterführende Schule ausschließlich auf den Elternwillen ankommen?

Standpunkt von Prof. Dr. Gerhard Waschler, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Kultus des Bayerischen Landtags, für die "Frage der Woche" der Bayerischen Staatszeitung:

Prof. Dr. Gerhard Waschler, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Kultus des Bayerischen Landtags

Seit Jahren wird die Frage diskutiert, ob nicht die Eltern allein darüber entscheiden sollten, welche Schulart ihr Kind besuchen soll. Wir sind nach wie vor überzeugt, dass eine Kombination aus Übertrittszeugnis mit Schullaufbahnempfehlung, Möglichkeit zum Besuch des Probeunterrichts und dem Elternwillen der geeignetste Weg ist, die bestmögliche Entscheidung für unsere Kinder zu treffen.

Die Übertrittszeugnisse werden von qualifizierten Grundschullehrkräften erstellt, die die Begabungen und Interessen ihrer Schüler aus dem gemeinsamen Unterricht in der 3. und 4. Jahrgangsstufe sehr gut kennen. Auf dieser Basis können sie eine fundierte und professionelle Empfehlung abgeben, die die Eltern und Schüler bei der Wahl der weiterführenden Schule unterstützt.

Um die Kinder in der 4. Klasse zu entlasten, brachte die Bayerische Staatsregierung 2009 eine Reform des Übertrittsverfahrens auf den Weg. Neben notenfreien Zeiten wurde zum Beispiel die Beratung ab der 3. Klasse deutlich intensiviert und der Elternwille gestärkt. In der 5. Jahrgangsstufe, der sogenannten Gelenkklasse, setzen sich die Unterstützungsmaßnahmen fort.

Eine Online-Umfrage an 700 bayerischen Grundschulen aus dem Jahr 2015 hat ergeben, dass 90 Prozent der Eltern und Lehrkräfte dieses Verfahren für sinnvoll bis sehr sinnvoll halten. Knapp zwei Drittel sehen das Ausstellen eines Übertrittszeugnisses für alle Kinder ebenso positiv. Der bayerische Weg genießt also hohe Akzeptanz. Nicht zuletzt können die Schullaufbahnempfehlungen Kindern aus weniger bildungsaffinen Familien den Rücken stärken, ihr Potenzial auszuschöpfen. So tragen diese zur Bildungsgerechtigkeit im Freistaat bei. Beim Übertrittszeugnis handelt es sich eben nicht um ein abschließendes „Grundschulabitur“, da das differenzierte und durchlässige bayerische Schulsystem jedem Schüler seine individuelle Schullaufbahn mit vielfältigen Fördermöglichkeiten und Chancen eröffnet.

Sitemap