Alexander König, Sandro Kirchner, Bernhard Seidenath, Tanja Schorer-Dremel, Barbara Becker, Ute Eiling-Hütig, Klaus Holetschek, Beate Merk, Benjamin Miskowitsch, Martin Mittag, Walter Nussel, Helmut Radlmeier, Ulrike Scharf, Klaus Stöttner, Manuel Westphal, Florian Streibl, Fabian Mehring, Susann Enders, Peter Bauer, Manfred Eibl, Hubert Faltermeier, Hans Friedl, Tobias Gotthardt, Eva Gottstein, Joachim Hanisch, Wolfgang Hauber, Johann Häusler, Leopold Herz, Alexander Hold, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Gabi Schmidt, Jutta Widmann, Benno Zierer
Der Landtag begrüßt, dass mit der Medizinprodukteverordnung die Patientensicherheit durch sichere Medizinprodukte weiter verbessert wird - und zwar europaweit.
Dabei muss allerdings der Gefahr begegnet werden, dass die Umsetzung der Verordnung für unsere insbesondere mittelständische Medizintechnikbranche in unserem Medizinstandort Bayern und Deutschland mit Nachteilen verbunden ist.
Die Staatsregierung wird deshalb aufgefordert zu berichten, ob durch das Korrigendum nun eine innovations- und mittelstandsfreundliche Anpassung der Medizinprodukteverordnung erreicht werden konnte. Ziel war und ist es nämlich, die Übergangsfrist für alle Medizinprodukte, die nach der MDR in eine höhere Risikoklasse eingruppiert und zertifiziert werden müssen, auf Mai 2024 zu verlängern sowie die Benennungsverfahren nach der MDR für die Benannten Stellen zu beschleunigen. Darüber hinaus sollte auch die Kompatibilität der Anträge auch für digitale Produkte gewährleistet sein.
Die Medizintechnik gilt als eine der wichtigsten Innovations- und Wirtschaftsmotoren im Freistaat Bayern. Somit übernimmt Bayern mit der unternehmerischen Kompetenz von über 1.000 innovativen, zumeist mittelständischen Firmen und deren rund 80.000 hoch qualifizierten Beschäftigten in der Medizintechnik eine Führungsrolle in Deutschland und Europa. Mit einem weltweiten Umsatz von ca. 250 Milliarden Euro und jährlichen Wachstumsraten von 6 bis 8 Prozent ist die Medizintechnik eine der Schlüsselbranchen der Zukunft.
Derzeit stehen vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen der Branche vor großen Herausforderungen und gewachsenen bürokratischen Anforderungen durch die bereits am 25. Mai 2017 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (kurz: MDR), die ab dem 26. Mai 2020 originäres und vorrangig geltendes Recht darstellen wird.
Die MDR sieht vor, dass viele Produkte (zum Beispiel Software mit medizinischer Zweckbestimmung), stoffliche Medizinprodukte, wiederverwendbare chirurgische Instrumente), die bislang ohne Hinzuziehung einer Benannten Stelle in den Verkehr gebracht werden durften, erstmalig zertifizierungspflichtig werden. Während für die Zertifizierung vieler Produkte höherer Risikoklassen unter bestimmten Voraussetzungen in der MDR Übergangsfristen geregelt sind, fehlen solche jedoch für nach neuem Recht erstmals zertifizierungspflichtige Produkte. Gleichzeitig werden durch die MDR die Anforderungen an die Benennung und Überwachung der Zertifizierungsstellen nochmals verschärft, weshalb alle europäischen Benannten Stellen mit Geltungsbeginn der MDR wegen der Änderung des Rechtsrahmens neu benannt werden müssen.
Verschärfungen führten bereits im Jahr 2013 zu einer deutlichen Reduzierung der Anzahl der Benannten Stellen (von ca. 85 auf derzeit 56). Mit dieser nochmaligen Verschärfung besteht die Gefahr, dass es zu einer weiteren Reduzierung der Benannten Stellen kommt, was mit einem -Flaschenhals" bei der Neuzertifizierung der Produkte einhergehen könnte. Aktuell (Stand 26.11.2019) gibt es nach neuem Recht in Europa erst sieben Benannte Stellen nach MDR, davon 3 aus Deutschland (BSI-Assurance UK Ltd, TÜV SÜD Product Service GmbH Zertifizierstellen, TÜV Rheinland LGA Products GmbH, DEKRA Certification GmbH Deutschland, IMQ ISTITUTO ITALIANO DEL MARCHIO DI QUALITÀ S.P.A. Italien, BSI Group The Netherlands B.V., DARE!! Services B.V.). Das BMG geht davon aus, dass um die 50 Benannte Stellen in der EU notwendig wären, um die erforderliche Produktzertifizierung zu bewerkstelligen. Bis zum Geltungsbeginn der MDR werden jedoch nur ca. 20 erfolgreiche Benennungen von Benannten Stellen erwartet.
Durch die mit dem Engpass verbundenen langen Wartezeiten wird der Bedarf der Unternehmer nicht mehr gedeckt werden können. Für kleine und mittlere Unternehmen wird die Verordnungsnovelle aufgrund geringer Personalkapazitäten und Finanzierungsmöglichkeiten zur überproportionalen Kostenbelastung und zu einem Innovationshemmnis. Daher muss die Anzahl der Benannten Stellen dringend erhöht werden bzw. die MDR mit entsprechenden Übergangsfristen angepasst werden, bis die Anzahl der Benannten Stellen erhöht werden konnte. Dies gilt auch mit Blick auf den im Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) geplanten Fast-Track-Verfahren für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGa) in die Regelversorgung, da für dieses Verfahren eine der Grundvoraussetzungen für die CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt sein soll.
Gleichzeitig sollten auch die Verfahren für die Hersteller digitaler Produkte entschlackt werden, indem die Kompatibilität der Anträge auch für digitale Produkte gewährleistet und verbessert werden. Abhängig von der Produktklasse müssen derzeit mehrere Dokumente eingereicht werden - hier gilt es die Revisionszyklen der Dokumente zu vereinheitlichen.