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Beteiligung an der Vorbereitung des Kommissionsarbeitsprogramms 2023

04.05.2022 - Antrag | 18/22527

Initiatoren:
Martin Huber, Bernhard Seidenath, Alexander König, Tanja Schorer-Dremel, Winfried Bausback, Alfons Brandl, Alex Dorow, Gerhard Hopp, Andreas Lorenz, Beate Merk, Martin Mittag, Helmut Radlmeier, Franz Rieger, Carolina Trautner, Steffen Vogel, Florian Streibl, Fabian Mehring, Tobias Gotthardt, Peter Bauer, Manfred Eibl, Susann Enders, Hubert Faltermeier, Hans Friedl, Eva Gottstein, Wolfgang Hauber, Johann Häusler, Leopold Herz, Alexander Hold, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Robert Riedl, Gabi Schmidt, Jutta Widmann, Benno Zierer

Der Bayerische Landtag unterstützt das gemeinsame Projekt der Konferenz der Europäischen Regionalen Gesetzgebenden Parlamente (CALRE) und des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) -Input aus politischen Debatten in Regionalparlamenten-, in dessen Rahmen auch an der Vorbereitung des EU-Kommissionsarbeitsprogramms 2023 mitgewirkt werden soll.


Der Bayerische Landtag begrüßt ausdrücklich die Möglichkeit für die Regionen Europas in der prälegislativen Phase Einfluss auf das Jahresarbeitsprogramm der Europäischen Kommission nehmen zu können und möglichst früh die Gestaltung des jährlichen Arbeitsprogramms der Kommission mitprägen zu können. Entscheidungen aus Brüssel haben meist bedeutende Auswirkungen auf das Leben der Bürgerinnen und Bürger - auch im Freistaat. Das Verfahren ist deshalb ein wichtiges Signal für ein starkes Europa mit starken Regionen, in dem die Landesparlamente einen direkten Zugang zur Europäischen Kommission haben, insbesondere auch bei den für sie relevanten Themen in eigener Gesetzgebungskompetenz.


Der Bayerische Landtag hat sich bereits mit umfangreichen Stellungnahmen an der Konsultation der CALRE-Mitglieder zur Vorbereitung des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission 2022 beteiligt, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird.


Der Bayerische Landtag weist für die Erarbeitung des EU-Kommissionsarbeitsprogramms 2023 auf die Wichtigkeit der folgenden Punkte hin und fordert ihre Aufnahme in das Arbeitsprogramm der EU-Kommission für das Jahr 2023:



  1. Folgemaßnahmen zu der Konferenz zur Zukunft Europas: Aktive Subsidiarität und Vorschlag für einen ständigen Mechanismus für den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern:


Der Landtag begrüßt, dass mit der Konferenz zur Zukunft Europas eine Plattform geschaffen wurde, die sich gezielt an die Bürgerinnen und Bürger richtet und ihnen die Möglichkeit eröffnet, ihre Vorstellungen im Rahmen eines europaweiten Reflexionsprozesses zur Zukunft der Europäischen Union einzubringen. Angesichts der europaweiten Coronapandemie hat sich der Start der Konferenz allerdings verzögert, sodass die Konferenz nunmehr unter großem Zeitdruck stattfindet. Mit Blick auf die globalen und internen Herausforderungen, vor denen die Europäische Union aktuell und auch in den nächsten Jahren steht, sollte der begonnene Prozess der Bürgerbeteiligung nicht abrupt enden, sondern durch eine Verlängerung der Konferenz über 2022 hinaus eine vertiefte Diskussion und Auseinandersetzung ermöglichen und hierdurch Vertrauen schaffen oder den Übergang in den Prozess eines Europäischen Konvents ebnen. Dieses Vertrauen setzt zugleich aber voraus, dass die im Rahmen der Zukunftskonferenz eingebrachten Vorschläge aus den Bürgerforen und der Online-Beteiligungsplattform der EU in der Plenarversammlung hinreichend diskutiert werden und in konkrete Ergebnisse münden. Bei den Vorschlägen, die aus der Konferenz zur Zukunft Europas hervorgehen, sind stets die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit sowie die innereuropäische Kompetenzverteilung zu beachten. Formate der Bürgerbeteiligung sollten grundsätzlich über die Zukunftskonferenz hinaus verstetigt und im Rahmen der Beratungs- und Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene verstärkt genutzt werden - ohne dabei aber die formelle Beteiligung der Regionalparlamente im Zuge der Subsidiaritätsprüfung zu schmälern. Im Gegenteil muss es Ziel sein, dieses Instrument auszubauen. Insbesondere die Europäische Bürgerinitiative sollte gestärkt und weiter ausgebaut werden. Gleichzeitig müssen aber auch die digitalen Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung stärker in den Fokus rücken. So könnte beispielsweise eine spezielle EuropaApp entwickelt werden, die Unionsbürger und Unionsbürgerinnen nicht nur über aktuelle europapolitische Themen informiert, sondern gleichzeitig auch eine Plattform zur direkten Meinungsabfrage zu bestimmten Themen darstellen könnte.


Als regionales Parlament und Vermittler europapolitischer Themen beteiligt sich der Landtag ebenfalls mit verschiedenen Veranstaltungs- und Dialogformaten an der Konferenz zur Zukunft Europas. Die Konferenz sollte deshalb auch zum Anlass genommen werden, um auf die zentrale Rolle der Regionen und der Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen im europäischen Mehrebenensystem hinzuweisen und eine stärkere Einbeziehung in europäische Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse einzufordern. Bei der Rechtssetzung sollten stärker als bisher mögliche Auswirkungen auf parlamentarische Abläufe und Verfahren in den National- und Regionalparlamenten der Mitgliedstaaten beachtet werden. Die Einführung einer -grünen Karte- auf europäischer Ebene könnte in Ergänzung zum Subsidiaritätsfrühwarnsystem den nationalen Parlamenten ermöglichen, Vorschläge zu europäischen Gesetzesinitiativen einzubringen oder die Überarbeitung, Änderung oder Aufhebung bestehender Rechtsvorschriften zu fordern, ohne das Initiativrecht der Kommission anzutasten. Für Regionalparlamente mit Gesetzgebungsbefugnis könnte damit eine Möglichkeit eröffnet werden, über die jeweilige nationale Länderkammer Initiativen auf EU-Ebene zu starten. Ergänzend hierzu sollte auch die Rolle des Ausschusses der Regionen als institutionelle Vertretung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf europäischer Ebene deutlich gestärkt werden.



  1. Die EU-weite Resilienz muss gestärkt werden:


Die Corona-Pandemie und der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine haben die Verletzlichkeit der EU in den Liefer- und Wertschöpfungsketten gezeigt. Als Folge daraus muss die Anpassungsfähigkeit Europas an Krisen erhöht werden. Wichtige Aspekte hierbei sind:



  • Handlungsfähige und entscheidungsfähige Strukturen in Verwaltung und Politik müssen gestärkt werden. Dazu gehört eine klare Zuordnung von Zuständigkeiten und beherztes Handeln auf den jeweiligen Ebenen.

  • Die Agilität der Verwaltung und der EU-Organe muss verbessert, der Bürokratieabbau vorangetrieben und klare Zuständigkeiten der europäischen und staatlichen Ebenen definiert werden.

  • Die Etablierung eines langfristigen strategischen Denkens, das Gefahren ernst nimmt und durch eine aktive Präventionskultur abmildert. Dazu gehört die Schaffung einer europäischen Souveränität in kritischen Bereichen wie Ernährung, Energie und Schutzausrüstung.

  • Die gemeinsame Entwicklung von Strategien für faire und regelgebundene Handelsbeziehungen. Regelbrüche und Benachteiligungen gegenüber europäischen Partnern, wie sie zum Beispiel von China praktiziert werden, dürfen nicht hingenommen werden.

  • Die Stärkung der digitalen Infrastruktur in Verwaltung und Gewerbe mit entsprechenden Schnittstellen, um im Krisenfall auch zwischen einzelnen Systemen schnell handlungsfähig zu sein. Hierzu gehört auch die Stärkung der Cyberabwehr um gegen Cyberangriffe gewappnet zu sein, insbesondere in Bereichen der kritischen Infrastruktur.

  • Bürokratische Hürden auf nationalstaatlicher Ebene erschweren die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen in Grenzregionen. Über die aktuellen Herausforderungen hinaus würde durch eine Vereinfachung gerade für die Grenzregionen hier ein großes Potential entstehen, grenzübergreifend die Gesundheitsversorgung zu stärken.



  1. Stärkung der europäischen Wirtschaft:


Eine äußerst wichtige Rolle in der Bewältigung von Krisen und der Vorbereitung auf künftige Krisen kommt dabei auch der europäischen Wirtschaft zu. Die zentralen Punkte hierbei sind:



  • Die Stärkung der ökonomischen Souveränität Europas auf der Grundlage bewährter marktwirtschaftlicher Prinzipien. Durch die Schaffung attraktiver Standortbedingungen können Anreize für Re-Shoring und Regionalisierung gesetzt werden. Zugleich darf die Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit und tragfähiger sowie regelbasierter Handelsbeziehungen oder den europäischen Binnenmarkt nicht in Frage gestellt werden.

  • Die Stärkung der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit und der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.

  • Der Schutz von Schlüsseltechnologien vor Übernahmen und Cyberangriffen.

  • Ein ökologisch-ökonomisches Vorgehen, mit der Förderung des klimafreundlichen Umbaus der Wirtschaft und der Schaffung der entsprechenden Infrastruktur, wie zum Beispiel einer europäischen Wasserstoffinfrastruktur und dem Aufbau eines europäischen Wasserstoffnetzes.

  • Die europäische Taxonomie darf die notwendige wehrtechnische Entwicklung und Produktion in Europa nicht behindern oder einschränken.



  1. Gemeinsame Anstrengungen im Gesundheitsbereich:


Der Landtag begrüßt die Bestrebungen auf EU-Ebene, die Resilienz der europäischen Gesundheitsunion weiter zu steigern und damit die Gesundheitsversorgung der Menschen weiter zu verbessern. Dabei ist wichtig:



  • Eine europäische Gesundheitsunion kann nur funktionieren, wenn Gesundheit und Pflege zusammen gedacht werden.

  • Die Mitgliedstaaten sind für ihre Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des jeweiligen Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung zuständig. Diese Zuständigkeit ist bei allen europäischen Bemühungen zu wahren. In der Europäischen Union soll aber die Zusammenarbeit verbessert werden, etwa die Zusammenarbeit im Rahmen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) - und hier auch im Bereich der Impfungen mit dem Ziel, die Impfquoten insgesamt europaweit weiter zu steigern - oder durch die Verstetigung der Kooperation gerade in der Notfallversorgung.

  • In der Zusammenarbeit des ÖGD spielt die interoperable, digitale Ausstattung eine wichtige Rolle, die ein zuverlässiges, objektives und zeitnahes Erfassen und Monitoring der Schadens- oder Gefahrenlage und der Bedarfe des Gesundheitswesens ermöglicht.

  • Dem Fachkräftemangel in den medizinischen und pflegerischen Berufen soll durch eine Vereinfachung und Beschleunigung der gegenseitigen Anerkennung der Berufsabschlüsse noch wirksamer begegnet werden.

  • Es bedarf einer großen, gemeinsamen Kraftanstrengung, um die Arzneimittel- und Wirkstoffproduktion zumindest in Teilen, etwa Narkosemittel, Blutdrucksenker, Zytostatika usw., im Sinne der Patienten- und Liefersicherheit ins europäische Inland zurückzuverlegen. Gleiches gilt für die Arzneimittelforschung. Europäische und nationale Arzneimittelzulassungen sollten nur dann erteilt werden dürfen, wenn sichergestellt ist, dass bei der Herstellung des Arzneimittels und der dazu verwendeten Arzneimittelwirkstoffe europäische Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden, auch wenn die Herstellung in einem Drittstaat erfolgt. Auch spricht sich der Landtag dafür aus, dass Importe von Arzneimitteln und Wirkstoffen aus Drittstaaten nur dann erlaubt werden sollen, wenn bei der Produktion auch europäische Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden. Außerdem sollen die Kompetenzen der EU insbesondere im Bereich der Bereitstellung und Verteilung medizinischer Güter und der Bereitstellung und Verteilung von Impfstoffen ausgeweitet werden. Auch klinische Bewertungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten sollten EU-einheitlich erfolgen. Die neue Verordnung zur Bewertung von Gesundheitstechnologien sollte entsprechend umgesetzt werden.

  • Analog der Sicherung der Arzneimittel- und Wirkstoffproduktion, gilt es zudem auch Mechanismen zu installieren, die bei erneutem künftigen Marktversagen und Einbruch von Lieferketten eine jederzeitige Versorgung mit Artikeln der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) sicherstellen. Nationale und europäische Zusammenarbeit/Koordinierung kann einen wichtigen Beitrag zur Vorsorge für künftige Pandemielagen leisten. Deshalb ist die Arbeit der neu geschaffenen EU-Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (HERA) mit den Mitgliedstaaten und den Regionen zu koordinieren.

  • Die Umsetzung der Medical Device Regulation (MDR) sollte aufmerksam betrieben werden. Die Kapazitätsengpässe bei den Benannten Stellen sollten zügig behoben werden. Auch sollten praxistaugliche Lösungen für die Zertifizierung von Bestands- bzw. Nischenprodukten gefunden werden, um die Versorgungsicherheit insbesondere durch in Europa produzierte Medizinprodukte aufrecht zu erhalten.

  • Zudem soll die grenzübergreifende Zusammenarbeit zur Prävention auch von anderen Erkrankungen ausgebaut werden. Auch digitale Gesundheitsdienste sollten EU-weit nutzbar sein: Es braucht verbindliche Standards für die Anwendungen, damit Dienste einzelner Mitgliedsstaaten ohne Probleme miteinander kommunizieren können. So könnten Patienten Daten aus der elektronischen Patientenakte, Laborbefunde oder auch Verordnungen grenzüberschreitend nutzen.

  • Zuletzt halten wir für wichtig, dass im Einzelfall EU-einheitliche, verbindliche Kriterien zur zuverlässigen Erfassung von Pandemie-Daten (Infektions-, Mortalitätszahlen) und einheitliche Testmethoden umgesetzt werden können. Auch hier müssen die Systeme, mittels derer diese Daten erfasst werden, EU-weit interoperabel sein, so dass Daten digital und in Echtzeit abrufbar sind und insbesondere auch den politischen Entscheidungsträgern zur Verfügung stehen.

  • In Bezug auf die Nutzung von sensiblen Gesundheitsdaten auch durch die forschende Industrie sollten - unter Einhaltung des Datenschutzes - im Rahmen eines europäischen Gesundheitsdatenraums Lösungen geschaffen werden, die es erlauben, mit vereinten Kräften von öffentlicher und privat finanzierter Forschung Krankheiten zu bekämpfen. Dabei ist ein besonderer Schwerpunkt auf die digitale Resilienz dieser Systeme zu setzen.



  1. Nachhaltiger Verkehr:


Die Verkehrspolitik der Europäischen Union hat bereits in den vergangenen Jahren viele wichtige Weichen für eine umweltbewusste und kluge Mobilität gestellt. Die Strategie der Kommission für nachhaltige und intelligente Mobilität setzt diese Verkehrspolitik nun konsequent weiter fort und wird deshalb durch den Bayerischen Landtag ausdrücklich begrüßt. Der Bayerische Landtag befürwortet ihre Zielvorgabe, einen klimaneutralen, digitalisierten, wettbewerbsfähigen und effizienten Verkehrssektor zu erreichen. Bayern steht zu seiner Klimaverantwortung und bekennt sich dabei ausdrücklich auch zu den neuen Klimazielen der Europäischen Kommission, die Treibhausgasemissionen 2030 im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren. Die Dekarbonisierung des Verkehrssektors spielt bei der Erreichung der EU-Klimaziele eine wichtige Rolle. Das Bekenntnis der EU-Kommission zur Technologieneutralität und der Gleichbehandlung aller Verkehrsträger wird entschieden befürwortet. Gleichzeitig muss jedoch eine nachhaltige und intelligente Mobilitätsstrategie ganzheitlich gedacht werden. Dies umfasst sowohl die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Land und Stadt als auch der Einbezug aller Bürgerinnen und Bürger. Denn Mobilität ist ein Grundbedürfnis und muss auch in der Zukunft für jeden zugänglich, komfortabel und bezahlbar bleiben.


Eine verstärkte Koordinierung sollte dort stattfinden, wo gemeinsame Standards, allen voran bei der Ladeinfrastruktur, einen niedrigschwelligen Anreiz für den Umstieg auf nachhaltige Verkehrsmittel bieten.



  1. Digitaler Wandel:


Die Covid-19-Pandemie hat wie ein Brennglas auf bestehende Defizite bei der Digitalisierung gewirkt. Die enorme Bedeutung der Digitaltechnik für die Widerstandsfähigkeit sämtlicher Gesellschaftsbereiche gegenüber COVID-19 sowie die Bewältigung ihrer Folgen hat die Mängel bei digitaler Infrastruktur und digitalen Kompetenzen deutlich zutage treten lassen und darüber hinaus auch die digitale Kluft zwischen den Städten und Regionen noch weiter vertieft.


Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, daraus ihre Lehren zu ziehen und die Digitalisierung künftig noch stärker in den Fokus ihrer Politik zu rücken.


Insbesondere die Regionen wissen am besten, wie die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem digitalen Wandel in ihrem Bereich am effektivsten bewältigt werden können. Weiterführende Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten, die mit einer etwaigen Governance und Überwachung durch die Europäischen Kommission einhergehen würde, werden daher nicht befürwortet.



  1. Jugendpolitik:


Junge Menschen standen aufgrund der Coronapandemie vor vielen Herausforderungen, denn der Freiraum, den sie in diesem Alter brauchen, wurde stark eingeschränkt. Die Coronakrise hat sich auf verschiedenen Ebenen auf Jugendliche ausgewirkt. Neben den sozialen Einschränkungen im privaten Bereich betraf dies unter anderem mit dem Schulabschluss oder dem Ausbildungs- bzw. Erstsemesterbeginn eine Lebensphase, die junge Menschen in der Regel nachhaltig prägt. So mussten junge Erwachsene, die eine Ausbildung oder ein Studium angefangen haben, digital ins Ausbildungsjahr oder ins Semester starten und vermissten die Gemeinschaft und den Austausch. Jugendlichen wird gegenwärtig viel zugemutet und der Großteil verhielt sich die vergangenen eineinhalb Jahre verantwortungsbewusst, rücksichtsvoll und solidarisch gegenüber der älteren Bevölkerung und coronabedingten Risikogruppen.


Allerdings wollen junge Menschen nicht nur auf ihre Rolle als Schülerinnen und Schüler, Auszubildende oder Studierende reduziert werden. Nicht nur im Rahmen der Coronakrise wollten Jugendliche gehört werden und mitreden. Schließlich trafen sie die sozialen und ökonomischen Folgen der Pandemie gerade am Übergang von Schule zu Ausbildung bzw. Studium und Beruf besonders hart. Junge Menschen im Blick zu behalten und ihnen sichere Zukunftsperspektiven aufzuzeigen, bleibt daher eine der wichtigen Aufgaben. Der Landtag begrüßt vor diesem Hintergrund, dass die Europäische Kommission 2022 zum Europäischen Jahr der Jugend ausgerufen hat. Flankierend hierzu wird auch die Bayerische Staatsregierung 2022 zum Bayerischen Jahr der Jugend erklären, mit dem Ziel, weitere Impulse zur Stärkung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Demokratie zu setzen und die Partizipation von Kindern und Jugendlichen insgesamt in allen sie betreffenden Lebensbereichen weiterzuentwickeln.


Der Landtag betont darüber hinaus den Wert grenzübergreifender Jugendbegegnungen und begrüßt das Engagement der Stiftung Jugendaustausch Bayern, des Bayerischen Jugendrings, des Kultusministeriums sowie des Sozialministeriums, die Möglichkeiten internationaler Jugendbegegnungen in der Jugendarbeit bzw. internationaler Schüleraustausche in allen Schularten deutlich auszubauen. Die EU ist aufgefordert, durch Intensivierung ihrer Bemühungen die Möglichkeiten der Teilnahme an Schüler- und Jugendbegegnung zu erweitern - das bedeutet: wer als Jugendlicher an einer Maßnahme der Jugendbeteiligung bzw. als Schüler während seiner Schullaufbahn an einer internationalen Schüleraustauschmaßnahme teilnehmen möchte, sollte dafür mindestens einmal auch die Gelegenheit bekommen.


Der Beschluss des Landtags wird an den Europäischen Ausschuss der Regionen sowie die Konferenz der Europäischen Regionalen Gesetzgebenden Parlamente übersandt.



Die Corona-Pandemie hat Handlungsfelder offengelegt, in welchen auch die Europäische Union besser werden muss. Gleiches gilt für den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine, der ebenfalls die Anfälligkeit und Verletzlichkeit in unseren Liefer- und Wertschöpfungsketten offenlegt. Diese Handlungsfelder zu benennen und konkrete Schlüsse daraus zu ziehen, ist wiederum eine große Chance, als EU die richtigen Schritte in die Zukunft zu gehen und für künftige Krisen gewappnet zu sein.


Im Zusammenhang sowohl mit Corona als auch mit den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine und den Lehren, die daraus gezogen werden müssen, ist das Wort Resilienz zentral, also die Fähigkeit, sich an Krisen anzupassen und so gegenüber diesen gewappnet zu sein. Bisher wurde Resilienz stark mit Aspekten von Sicherheit und Verteidigung verbunden und daher eher in einem militärischen Sinne verstanden. Das hat gerade nach dem russischen Angriff auf die Ukraine an Bedeutung gewonnen, die Herausforderung durch die Pandemie und deren Entstehung aus einer Zoonose heraus, mit all ihren Folgewirkungen auf Wertschöpfungs- und Lieferketten zeigt uns aber, dass Resilienz weiter gefasst werden muss.


Zoonosen werden begünstigt durch den Klimawandel, den zunehmenden Landverbrauch und dem damit einhergehenden Verschwinden von Lebensräumen für Natur und Umwelt. Dies führt vermehrt dazu, dass Erreger von Tieren auf Menschen überspringen. Das Bewusstsein, die Verantwortung vor der und für die Schöpfung ernst zu nehmen ist ethisch geboten, aber auch vorausschauend als Vorbeugung im Sinne von Resilienz notwendig. Dies betrifft auch uns in Europa zum Beispiel dadurch, dass neue Arten - und neue Erreger - durch den Klimawandel heimisch werden und Zoonosen begünstigen können. Moderne Resilienz darf sich daher nicht nur auf die Vorratshaltung wichtiger Güter beschränken, sondern muss die Absicherung komplexer Abläufe zum Ziel haben. Dabei wird auch deutlich, dass nachhaltiges, ressourcenschonendes Wirtschaften ein Eckpfeiler für Resilienz ist. Klar ist: Ohne Nachhaltigkeit kann es keine Resilienz geben. Die verstärkte Regionalisierung von kritischen Wertschöpfungs- und Logistikketten ist unter dem Blickwinkel einer strategischen Souveränität genauso zu betrachten wie unter dem der ökologisch-nachhaltigen Organisation von Mobilität und Logistik.


Die Verwaltung und die Organe der EU müssen agil genug sein, schnell auf Krisen reagieren zu können. Dafür muss zum einen unnötige und langwierige Bürokratie abgebaut werden und die Zuständigkeiten der europäischen und staatlichen Ebenen von vorneherein klar geregelt sein. In Krisen ist es fatal, wenn hier erst dann die Zuständigkeiten diskutiert werden, wenn sie gefragt sind. Bekämpfen lassen sich Krisen am besten, wenn sowohl die Mitgliedsstaaten und die Regionen als auch die EU und ihre Organe wissen, wie sie sich abzustimmen haben und wo ihre jeweiligen Aufgaben liegen.


Dem folgt auch die Priorisierung der Schutzvorsorge und die Schaffung einer strategischen Präventionskultur, also schlicht Vorsorge. Ein Fokus muss dabei auf dem Schutz Kritischer Infrastrukturen liegen. Die technische Abhängigkeit von sogenannten -Kritischen Infrastrukturen- ist dabei in alle Lebensbereiche vorgedrungen und führt daher zu neuen Verwundbarkeiten. Wegen der hohen Vernetzung können schon kleine Defekte, technisches oder menschliches Versagen oder auch Sabotagehandlungen eines Einzelnen Domino- und Kaskaden-Effekte auslösen. Diese führen schlimmstenfalls zum Zusammenbruch ganzer Systeme und stellen das Krisenmanagement vor immense Herausforderungen, eine wirksame


Sicherheitsvorsorge zu gewährleisten.


Um in Krisen wirkungsvoll und vor allem schnell agieren zu können, muss in der EU die digitale Infrastruktur ausgebaut werden. Deutlich wurde im Zuge Pandemie auch, dass die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen, vor allem in Grenzregionen und auf europäischer Ebene in Krisen wichtig ist. Diese muss erleichtert werden und bei Bedarf schnell möglich sein.


Eine äußerst wichtige Rolle in der Bewältigung von Krisen und der Vorbereitung auf künftige Krisen kommt der europäischen Wirtschaft zu.


Eine wichtige Grundvoraussetzung ist die Wiederherstellung und Stärkung der Souveränität in zentralen, strategisch wichtigen Technologie- und Forschungsbereichen wie der Künstlichen Intelligenz, der Quantentechnologie, der Cybersicherheit, der Medizin, dem Gesundheitswesen und der Stärkung von sauberen und grünen Technologien, um weniger abhängig von verwundbaren globalen Wertschöpfungsketten zu sein.


Resilienz geht auch einher mit einem Regionalisierungsansatz. Globalisierung und Regionalisierung müssen neu zusammengedacht werden. Eine Förderung regionaler Kreisläufe mit kurzen Wegen für Menschen, Wirtschaftsgüter und Ressourcen ist ein neuer Nachhaltigkeitsfokus. Die zeitweise Unterbrechung von Lieferketten im Zuge der Corona-Krise und als Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine hat unsere wirtschaftliche Verwundbarkeit offenbart und gezeigt. Das auf extreme Effizienz getrimmte Muster ohne Zwischenlager, Speicher, Puffer, in dem höchstens Frachtschiffe oder Lastwagen als eine Art mobiles Lager dienen, ist trotz aller Flexibilität an seine Grenzen gestoßen. Eine Standortrückverlagerung nach Europa oder in die unmittelbare Nachbarschaft kann nicht nur zu ökonomisch und ökologisch sinnvolleren Effekten (wie etwa die Reduktion des Mobilitätsbedarfes) führen, sondern auch stabilisierende Effekte auf die europäische Peripherie und ihre Anrainer haben. Es geht dabei aber weder um eine De-Globalisierung oder Abschottung, noch um nationalistische Tendenzen, sondern um die notwendige Wiederherstellung von Souveränität im Sinne eines Abbaus von Abhängigkeiten. Dabei ist bewährten marktwirtschaftlichen Ansätzen der Vorzug zu geben vor staatlichem Dirigismus und Subventionswirtschaft


Gerade hier kann uns in der EU die Förderung des klimafreundlichen Umbaus der Wirtschaft enorme Vorteile verschaffen. Die russische Invasion hat uns schmerzlich vor Augen geführt, wie abhängig wir von fossilen Energien sind. Eine nachhaltigere, klimafreundlichere Wirtschaft bietet uns die Chance als Europäer hier führend zu werden und unsere Technologien und Konzepte in die Welt zu exportieren. Gleichzeitig können wir es schaffen, weniger von Importen abhängig zu sein und somit anfällig in Krisen. Grüner Wasserstoff als klimafreundlicher Energieträger und Grundstoff der Industrie spielt hier die zentrale Rolle. Dieser Gedanke muss in der Gemeinschaft der EU gedacht werden. Zusammen haben die Mitgliedsstaaten die nötigen Voraussetzungen. Deshalb muss das europäische Wasserstoffnetz schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden, um der Industrie und der Wirtschaft in der EU den Wandel zur Wasserstoffwirtschaft zu ermöglichen.

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