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Subsidiarität
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung der Korruption, zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates und des Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind, sowie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates; COM (2023) 234 final; BR-Drs. 244/23

16.06.2023 - Antrag | 18/29441

Initiatoren:
Gerhard Hopp, Petra Guttenberger, Alexander König, Tobias Reiß, Winfried Bausback, Alex Dorow, Karl Freller, Johannes Hintersberger, Stephan Oetzinger, Josef Schmid, Karl Straub, Walter Taubeneder

Der Landtag stellt fest, dass gegen den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung der Korruption, zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates und des Übereinkommens über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitglied-staaten der Europäischen Union beteiligt sind, sowie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates; COM (2023) 234 final; BR-Drs. 244/23, Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsbedenken bestehen.


Der Landtag schließt sich damit der Auffassung der Staatsregierung an und lehnt den Richtlinienvorschlag ab.


Die Staatsregierung wird aufgefordert, bei den Beratungen des Bundesrates auf die Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsbedenken hinzuweisen. Sie wird ferner aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass diese Bedenken Eingang in den Beschluss des Bundesrates finden.


Im Einzelnen:


Der Landtag stellt fest, dass dem Kampf gegen Korruption und Bestechung große Bedeutung zukommt und dieser mit Konsequenz geführt werden muss, denn Korruption gefährdet die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Staatswesen und die öffentliche Verwaltung und untergräbt die Attraktivität eines Staates erheblich.


Dies kann jedoch trotzdem kein Argument dafür sein, die Kompetenzverteilung zwischen Europäischer Union und Mitgliedstaaten sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit außer Acht zu lassen.


Der Vorschlag der Kommission betrifft schwerpunktmäßig den Bereich der Strafverfolgung und strebt eine Mindestharmonisierung der Definitionen von Straftaten an, die als Korruptionsdelikte verfolgt werden sollen. Dies erweitert die Liste der europarechtlich verankerten Korruptionsdelikte über herkömmliche Bestechungsdelikte hinaus, und soll dann auch Veruntreuung, unerlaubte Einflussnahme, Amtsmissbrauch, Behinderung der Justiz und illegale Bereicherung im Zusammenhang mit Korruptionsdelikten umfassen. Ebenso werden eine (weitergehende) Harmonisierung der strafrechtlichen Sanktionen für natürliche und juristische Personen angestrebt und Maßnahmen zur Gewährleistung wirksamer Strafverfolgung von Korruption vorgeschlagen.


Für eine solche Harmonisierung, die tief in die Kompetenz der Mitgliedstaaten für die Strafverfolgung und in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten eingreift, gibt es zum einen keine Rechtsgrundlage, zum anderen lässt die Kommission jede, über bloß Floskelhaftes hinausgehende Begründung für so weitgehende Eingriffe vermissen.


Im Näheren:


Der Vorschlag kann nicht hinsichtlich sämtlicher Regelungen auf die von der Kommission angegebenen Rechtsgrundlagen in Art. 83 Abs. 1, Abs. 2 und Art. 82 Abs. 1 lit. d AEUV gestützt werden.


Die Kommission legt den Kriminalitätsbereich der Korruption in Art. 83 Abs. 1 AEUV ausufernd weit aus. Das dürfte weder dem Begriffsverständnis entsprechen, das den Mitgliedstaaten bei der Formulierung des Art. 83 AEUV vor Augen stand, noch der gebotenen engen Auslegung der strafrechtlichen Rechtsgrundlage im AEUV, die auch im Schutz der nationalen Identität durch den EUV ihren Niederschlag findet. Daher steht der Europäischen Union vor allem für Regelungen, die auf eine Ausweitung der Veruntreuung und des Amtsmissbrauchs auf den privaten Bereich abzielen und für die Behinderung der Justiz, sofern sie im Rahmen eines -Korruptions--Verfahrens begangen wird, keine Kompetenz zu.


Auch die vorgeschlagenen Regelungen zur gerichtlichen Zuständigkeit können nicht auf Art. 82 Abs. 1 lit. d AEUV gestützt werden. Eine solche Angleichung von Zuständigkeitsregelungen, die mit einem Eingriff in die Organisationshoheit der Mitgliedstaaten verbunden wäre, müsste an den strengen Voraussetzungen des Art. 82 Abs. 2 AEUV gemessen werden. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich, warum die Begründung einer bestimmten gerichtlichen Zuständigkeit für die Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung erforderlich wäre. Jedenfalls wäre eine solche Regelung auch unverhältnismäßig.


Im Lichte des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erscheinen auch die pauschale und völlig undifferenzierte Gleichstellung von Mandatsträgern mit sonstigen nationalen Beamten sowie die sehr weitgehende Übernahme der Strafvorschriften für den öffentlichen Bereich auch für den privaten Sektor als unangemessen und unverhältnismäßig.


Auch die umfangreichen und detaillierten Regelungen im Bereich des Sanktionenrechts sowie zur Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung lehnt der Landtag als unverhältnismäßig ab. Diese gefährden die kohärente Systematik der Strafrahmen der jeweiligen Mitgliedsländer. Die Begründung für derart weitgehende Eingriffe bleibt zudem formelhaft und beschränkt sich auf nicht näher belegte Behauptungen.


Der Beschluss des Bayerischen Landtags wird unmittelbar an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, den Ausschuss der Regionen und den Deutschen Bundestag sowie an die Abgeordneten des Europäischen Parlaments für Bayern übermittelt.


 

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