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Bekenntnis zur besonderen deutschen Verantwortung: Volle Härte des Rechtsstaats bei Übergriffen gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger und konsequente Weiterentwicklung des Bayerischen Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus

23.10.2019 - Dringlichkeitsantrag | 18/4346

Initiatoren:
Thomas Kreuzer, Karl Freller, Winfried Bausback, Alexander König, Tobias Reiß, Tanja Schorer-Dremel, Petra Guttenberger, Thomas Huber, Manfred Ländner, Gerhard Waschler, Gudrun Brendel-Fischer, Holger Dremel, Norbert Dünkel, Ute Eiling-Hütig, Matthias Enghuber, Max Gibis, Alfred Grob, Petra Högl, Andreas Jäckel, Jochen Kohler, Otto Lederer, Stephan Oetzinger, Barbara Regitz, Franz Rieger, Berthold Rüth, Andreas Schalk, Josef Schmid, Sylvia Stierstorfer, Karl Straub, Walter Taubeneder, Peter Tomaschko, Florian Streibl, Fabian Mehring, Wolfgang Hauber, Alexander Hold, Hubert Faltermeier, Peter Bauer, Manfred Eibl, Susann Enders, Hans Friedl, Tobias Gotthardt, Eva Gottstein, Joachim Hanisch, Johann Häusler, Leopold Herz, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Gabi Schmidt, Jutta Widmann, Benno Zierer


1.



  1. Der schreckliche Anschlag von Halle löst tiefe Betroffenheit aus. Der Landtag bekennt sich dazu, alle ihm zur Verfügung stehenden gesetzgeberischen als auch politischen Möglichkeiten zu ergreifen, damit Menschen jüdischen Glaubens in unserem Land ohne Bedrohung und ohne Angst leben können. Wir bekennen uns ausdrücklich zu unserer besonderen Verantwortung, den Antisemitismus in Deutschland zu bekämpfen.

  2. Die Staatregierung wird gebeten, im Rahmen der bestehenden Gremienstruktur der Justizministerkonferenz und der Innenministerkonferenz weiterhin konsequent möglichen Optimierungsbedarf, in der Verhinderung, Aufklärung und strafrechtlichen Ahndung antisemitischer Taten intensiv zu beraten, zu prüfen, abzustimmen und umzusetzen. Insbesondere sollen Strafverschärfungen überprüft werden.

  3. Der Landtag begrüßt es daher, dass die Staatsregierung beabsichtigt, im Bundesrat eine Initiative einzubringen, die für eine schärfere Bestrafung antisemitisch motivierter Straftaten Sorge trägt.

  4. In Bayern trifft die Polizei bereits umfangreiche präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischer Einrichtungen und Bürger. Die Staatsregierung wird gebeten, den bayerischen Schutzstandard weiterhin aufrechtzuerhalten und regelmäßig auf eventuell notwendige Anpassungen hin zu überprüfen.

  5. Der Landtag begrüßt, dass die bayerischen Sicherheitsbehörden weiterhin alle rechtlich und tatsächlich möglichen Maßnahmen zur präventiven und repressiven Bekämpfung des Rechtsextremismus ergreifen. Er fordert die Staatsregierung auf, diese Maßnahmen umfassend zu überprüfen und entsprechend fortzuentwickeln.


 


2.



  1. Die Staatregierung wird aufgefordert, das bestehende -Bayerische Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus- unter Einbeziehung neuer Erfahrungen und Erkenntnisse weiter fortzuschreiben. Den drei Säulen Vorbeugen, Unterstützen und Eingreifen kommt dabei weiterhin entscheidende Bedeutung zu.

  2. Bei der Fortschreibung sollte ein Augenmerk besonders auf die Entwicklungen dezentraler Strukturen im Internet, die Akteure der -Neuen Rechten-, sowie die rechtsextremistische Musik- und Kampfsportszene, die von Rechtsextremen dazu genutzt wird, neue Mitglieder zu rekrutieren, gelegt werden. Desweitern muss das Handlungskonzept noch stärker die Nutzung von Sozialen Medien, Hasspostings und den Umgang mit WhatsApp-Gruppen mit extremistischen Inhalten sowie Maßnahmen gegen Antisemitismus in den Blick nehmen. Diese Bereiche sollen an geeigneter Stelle in die Struktur des Handlungskonzeptes integriert werden. Gleichzeitig soll im Rahmen der Arbeit der bereits bestehenden Landeszentrale für politische Bildungsarbeit die aktive politische Bildungsarbeit in den sozialen Medien gestärkt werden.

  3. Die Staatsregierung wird gebeten, dem Landtag über das fortgeschriebene Bayerische Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus zu berichten und es dem Landtag zu übermitteln. Insbesondere soll dargelegt werden, mit welchen Maßnahmen und Strategien, sowohl präventiv als auch repressiv den aktuellen Entwicklungen begegnet werden kann.


 



Am vergangenen jüdischen Feiertag Jom Kippur versuchte ein vermutlich rechtsextremistischer Täter in die Synagoge in Halle einzudringen und dort unter Dutzenden Gläubigen ein Blutbad anzurichten. Der Mann erschoss vor der Synagoge eine Frau und kurze Zeit später in einem türkischen Imbiss einen Mann und verletzte weitere Menschen schwer. Die Tat erregte internationales Aufsehen.


Als politisch Verantwortliche sind wir gerade angesichts der deutschen Geschichte zutiefst betroffen von dieser Tat. Der rechtsextremistische, antisemitische Terroranschlag von Halle erfordert eine Reaktion mit der vollen Härte des Rechtsstaates. Wir werden außerdem innerhalb unserer politischen Verantwortung alles dafür tun, damit jüdische Mitbürger in unserem Land ohne Bedrohung und ohne Angst leben können.


Daher bitten wir die Staatsregierung im Rahmen der Justizministerkonferenz und der Innenministerkonferenz und zusammen mit der Bundesregierung umfassende Maßnahmen zu beraten, zu prüfen, abzustimmen und zu ergreifen, die eventuell bestehenden Lücken in der Aufklärung, Verhinderung und strafrechtlichen Ahndung antisemitischer Taten schließen.


Die bayerischen Sicherheitsbehörden, insbesondere die Polizei und das Landesamt für Verfassungsschutz bekämpfen intensiv bereits derzeit den Rechtsextremismus mit präventiven und repressiven Maßnahmen. Die Analyse und Bekämpfung von rechtsextremistischen Strukturen, Netzwerken und Einzelpersonen muss vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen stetig angepasst und verbessert werden.


Das terroristische Attentat in Halle a. d. Saale am 9. Oktober 2019 geht nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen auf einen rechtsextremistischen Einzeltäter zurück. Der Anschlag löst große Betroffenheit aus und sorgte auch international für Aufsehen. Gerade in Deutschland wollen und werden wir als Demokraten keine rechtsextremistischen Entgleisungen gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger oder gegen ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger hinnehmen.


Die bayerischen Behörden und zivilgesellschaftlichen Initiativen setzen bereits seit Jahren erfolgreich auf Präventionsarbeit, um das Entstehen von rechtsextremistischem Gedankengut bereits im Ansatz zu verhindern.


So hat der Landtag am 27.09.2018, Drs. 17/24068 eine Neustrukturierung der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit beschlossen und dieser gezielt neue Aufgabenschwerpunkte im Bereich der Sensibilisierung für extremistischen Äußerungen im Internet und für digitalen Hassprediger übertragen. Diese neuen, auch durch zusätzlich bereitgestelltes Personal erweiterten Möglichkeiten sind gezielt zu nutzen mit Blick auf die Präventionsarbeit an Schulen, aber auch die Gesellschaft insgesamt.


Den konsequenten Maßnahmen von Polizei und Verfassungsschutz ist es zu verdanken, dass die Straftaten im Bereich des Rechtsextremismus im Zeitraum von 2016 bis 2018 insgesamt von 2.379 auf 1.834 gesunken sind. Diese Tendenz zeigte sich auch in den Gewalttaten, welche ebenso von 113 Delikten auf 63 zurückgegangen sind. Gleichwohl stellt dieser Trend keineswegs einen Grund zur Entwarnung dar.


Das Bayerische Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus steht auf den drei Säulen: Vorbeugen, Unterstützen und Eingreifen. Dabei werden präventive Elemente wie allgemeine Demokratieerziehung und Wertebildung und phänomenbezogenen Information durch Beratungs- und Deradikalisierungsangebote ergänzt. Hat sich eine Gefahr bereits realisiert wird darauf mit den klassischen, repressiven Instrumenten von Gefahrenabwehr und Strafverfolgung reagiert. Unter Einbeziehung neuer Erfahrungen und Erkenntnisse sollen diese Säulen kontinuierlich weiterentwickelt werden.


Die Staatsregierung wird gebeten dem Landtag das aktualisierte Handlungskonzept zu übermitteln und darzustellen, durch welche Weiterentwicklungen, den aktuellen Herausforderungen begegnet werden soll.


 


 

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