Bernhard Seidenath, Thomas Huber, Winfried Bausback, Tanja Schorer-Dremel, Andrea Behr, Thorsten Freudenberger, Martina Gießübel, Josef Heisl, Melanie Huml, Andreas Jäckel, Stefan Meyer, Martin Mittag, Helmut Schnotz, Sascha Schnürer, Carolina Trautner, Florian Streibl, Felix Locke, Susann Enders, Tobias Beck, Martin Behringer, Martin Brunnhuber, Stefan Frühbeißer, Tobias Gotthardt, Johann Groß, Wolfgang Hauber, Bernhard Heinisch, Alexander Hold, Marina Jakob, Michael Koller, Nikolaus Kraus, Josef Lausch, Christian Lindinger, Rainer Ludwig, Ulrike Müller, Michael Piazolo, Bernhard Pohl, Julian Preidl, Anton Rittel, Markus Saller, Martin Scharf, Werner Schießl, Gabi Schmidt, Roswitha Toso, Roland Weigert, Jutta Widmann, Benno Zierer, Felix von Zobel, Thomas Zöller
Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass unter Berücksichtigung der Hochschulautonomie und im Rahmen vorhandener Stellen und Mittel eine weitere bayerische medizinische Fakultät einen -Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (KJPP)- einrichtet.
Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland sind der häufigste Aufnahmegrund für stationäre Krankenhausbehandlungen in diesem Altersbereich. Bei gleichzeitig bestehendem interdisziplinärem Personalmangel und gravierenden Nachwuchsproblemen, insbesondere im ärztlichen Bereich, geraten die medizinischen Versorgungstrukturen der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie zunehmend in Schieflage.
Die kinder- und jugendpsychiatrischen und -psychotherapeutischen Kliniken leisten in Bayern die Sicherstellung in der stationären Versorgung bis zum 18. Lebensjahr. In den letzten Jahren waren infolge des wachsenden Personalmangels wiederholt große Versorgungskliniken vor dem Kollaps gestanden; Außenstellen mussten geschlossen werden. Obwohl Bayern eine der niedrigsten Bettenmessziffern in Deutschland aufweist (BY: 3,6; Sachsen-Anhalt 11,0), wird durch die Träger eine Bettenausweitung kaum mehr verfolgt.
Im ambulanten Bereich ist die Situation ähnlich dramatisch: Aufgrund des bestehenden eklatanten Nachwuchsmangels bei den niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiatern und -psychotherapeuten, der in den nächsten Jahren noch zunehmen wird, ist es bereits jetzt kaum möglich, eine flächendeckende Versorgung für betroffene Kinder und Jugendliche sicherzustellen. Im Freistaat haben wir derzeit 13,50 unbesetzte Zulassungen bei Kinder- und Jugendpsychiatern (Stand: Planungsblätter: 02.08.2024) sowie sowohl drei drohend unterversorgte als auch eine tatsächlich unterversorgte Region (Stand: Qualitative LA-Sitzung vom 16.05.2024), bei gleichzeitig kontinuierlich steigendem Behandlungsbedarf unter den Heranwachsenden. Die gegenwärtigen Versorgungsprobleme werden sich daher sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich weiterhin dramatisch verschärfen, sofern hier nicht zielgerichtet medizinischer Nachwuchs ausgebildet wird.
Bisher ist Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie in der medizinischen Ausbildung nicht curricular und kein verpflichtender Bestandteil. Das Fach wird derzeit unsystematisch und regional höchst unterschiedlich in die Lehre eingebunden. Der aktuelle Referentenentwurf zur ärztlichen Approbationsordnung nennt erstmalig die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie als eigenständiges Fach in der ärztlichen Weiterbildung. Jedoch ist aktuell unklar, wann und ob die neue Approbationsordnung in Kraft treten wird und in welcher Form die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sichtbar in die medizinische Ausbildung integriert wird. Um sicherzustellen, dass die entsprechenden fachlichen Inhalte im Medizinstudium gelehrt werden und junge Medizinerinnen und Mediziner für das Fach begeistert werden können, ist es erforderlich, an jedem Standort der universitären medizinischen Ausbildung einen Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie einzurichten.
Erst 1968 wurde der Facharzt für KJPP erstmals definiert, 1978 wurde in Würzburg der erste bayerische Lehrstuhl eingerichtet, gefolgt von Erlangen (1989), München (2006) und Regensburg (2018). Demgegenüber existieren im Flächenländern NRW und BaWü bereits heute jeweils 6 bzw. 5 Lehrstühle.