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Brexit am 31. Januar 2020 - Mit dem Vereinigten Königreich eng verbunden bleiben

03.02.2020 - Dringlichkeitsantrag | 18/6157

Initiatoren:
Thomas Kreuzer, Winfried Bausback, Alexander König, Tobias Reiß, Tanja Schorer-Dremel, Sandro Kirchner, Franz Rieger, Gerhard Waschler, Gudrun Brendel-Fischer, Alex Dorow, Norbert Dünkel, Ute Eiling-Hütig, Johannes Hintersberger, Klaus Holetschek, Martin Huber, Otto Lederer, Benjamin Miskowitsch, Martin Mittag, Walter Nussel, Barbara Regitz, Berthold Rüth, Alfred Sauter, Ulrike Scharf, Klaus Stöttner, Walter Taubeneder, Peter Tomaschko

Die vergangene Freitagnacht war ein einschneidender Tag für Europa: Mit Ablauf des 31. Januar 2020 ist das Vereinigte Königreich nach 47 Jahren aus der Europäischen Gemeinschaft ausgeschieden. Der Landtag respektiert die Entscheidung des britischen Volkes, bedauert jedoch den Verlust eines Mitglieds, zu dem auf vielen Ebenen - wirtschaftlich, kulturell, vor allem aber auch zwischen Menschen - seit dem Zweiten Weltkrieg enge, vertrauensvolle Verbindungen  gewachsen sind. Der Bayerische Landtag drückt seine Hoffnung aus, dass diese Verbundenheit und die bayerisch-britische Freundschaft weiter intensiv gepflegt werden.


Klar ist, dass das Vereinigte Königreich nach seinem Ausscheiden nicht die gleichen Vorteile wie ein Mitgliedstaat genießen kann. Aus Sicht des Bayerischen Landtags muss jedoch im Interesse der Menschen in Europa die enge  Zusammenarbeit auch nach dem Ausscheiden aus der Europäischen Union und nach Ende der Übergangsperiode fortleben, insbesondere auch in folgenden Bereichen:



  • Wirtschaft: Europa ist im Welthandel gemeinsam eine bedeutende Wirtschaftsmacht, gerade auch mit seinem großen Markt mit rund 500 Millionen Menschen. Das Vereinigte Königreich und Bayern sind wirtschaftlich eng verflochten, nicht nur, aber insbesondere auch im Bereich der Automobilindustrie. Die engen wirtschaftlichen Beziehungen zu beiderseitigem Vorteil fortzusetzen und als Europäer gemeinsam auf weltpolitischer Bühne auch in Handelsfragen auf Augenhöhe mit den Vereinigten Staaten von Amerika und der Volksrepublik China aufzutreten, muss in den anstehenden Verhandlungen Leitgedanke sein.



  • Sicherheitspolitik: Mit dem Ausscheiden des Vereinigten Königreiches verliert die Europäische Union einen ganz zentralen Akteur einer europäischen Sicherheitsarchitektur, der über viele sicherheitspolitisches Kapazitäten verfügt. Das Vereinigte Königreich und Europa haben auch in Zukunft gemeinsame Sicherheitsinteressen in einer unsicherer werdenden Welt. Der europäische Verteidigungsgedanke muss dabei weiterhin auf der Basis der selbstverständlichen, festen Bündnistreue der NATO weiterentwickelt werden. Eine enge, vertrauensvolle Kooperation mit dem Vereinigten Königreich muss weiter vorangetrieben werden.



  • Bildung und Forschung: Auf allen Ebenen der Bildung - vom Schüleraustausch bis zum Auslandsstudium - besteht ein reger Austausch von jungen Menschen, die im europäischen Geist aufwachsen. Auch in der Forschung besteht ein Austausch auf hohem wissenschaftlichem Niveau, der für eine gesamteuropäische Spitzenforschung essentielle Voraussetzung ist. Dieser Austausch muss auch nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs weiter ohne große Hindernisse möglich sein, damit Europas Bildungs- und Forschungslandschaft international wettbewerbsfähig bleibt.



  • Soziale Sicherheit: Die soziale Absicherung von Menschen, die aus unterschiedliche Gründen - Familie, Beruf, Ausbildung - ihren Wohn- und Arbeitsort zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich wechseln, muss auch in Zukunft geregelt werden. Heute regeln europäische Vereinbarungen und Verordnungen die soziale Absicherung, z. B. bei der Anerkennung von Rentenzeiten. Auch in Zukunft muss dies im Sinne der Menschen gesichert sein.



  • Regionalpolitik: Der Freistaat Bayern unterhält seit langem enge und partnerschaftliche Beziehungen nicht nur zu der Zentralregierung in London, sondern auch zu den einzelnen Regionen des Vereinigten Königreichs, insbesondere zu Schottland. Diese wollen wir ungeachtet des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union auch in Zukunft weiter pflegen und in besonderem Maße ausbauen.


Der Landtag bittet die Staatsregierung daher, weiterhin für gute, partnerschaftliche Beziehungen zum Vereinigten Königreich und für eine faire Regelung der dauerhaften Beziehungen einzutreten, die insbesondere die oben skizzierte Zusammenarbeit ermöglicht.


Der Landtag weist angesichts der anstehenden Neuregelung der finanziellen Rahmenbedingungen außerdem daraufhin, dass die Europäische Union bereits innerhalb der kommenden Periode des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 ein Mitglied verliert, das in erheblichem Maße nicht nur einen finanziellen Beitrag zur Europäischen Union geleistet hat, sondern auch stets für finanzielle Stabilität eingetreten ist.


Der Landtag bittet die Staatsregierung dafür einzutreten, dass sich die Bundesrepublik Deutschland weiterhin mit Nachdruck für stabile Finanzen und Investitionen in Europa einsetzt und sich dafür eng mit den europäischen Partnern abstimmt. Die Staatsregierung möge darüber hinaus auf allen Ebenen dafür eintreten, dass die durch den Austritt des Vereinigten Königreichs wegfallenden Beiträge zum Haushalt der Europäischen Union durch sinnvolle Einsparungen kompensiert und im Übrigen durch eine faire Verteilung auf alle verbleibenden Mitgliedstaaten ausgeglichen werden.

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