Thomas Kreuzer, Winfried Bausback, Alexander König, Tobias Reiß, Tanja Schorer-Dremel, Franz Rieger, Josef Zellmeier, Sandro Kirchner, Martin Bachhuber, Alex Dorow, Hans Herold, Johannes Hintersberger, Michael Hofmann, Gerhard Hopp, Martin Huber, Harald Kühn, Beate Merk, Benjamin Miskowitsch, Martin Mittag, Walter Nussel, Alfred Sauter, Ulrike Scharf, Klaus Stöttner, Walter Taubeneder, Steffen Vogel, Ernst Weidenbusch, Georg Winter
Mit dem vor Ostern beschlossenen Hilfepaket mit einem Umfang von rund 540 Milliarden Euro zeigt Europa Solidarität mit den schwer betroffenen Mitgliedstaaten, mit den Unternehmen und den Beschäftigten. Deutschland trägt dieses Hilfsprogramm mit und einen erheblichen Anteil dazu bei.
Europa muss über diese Sofortmaßnahmen hinaus die Folgen der Krise gemeinsam bewältigen, insgesamt wieder stärker, wettbewerbsfähiger und stabiler werden. Gezielte Investitionen und strukturelle Verbesserungen in allen Mitgliedstaaten sind dazu nötig. Der mehrjährige Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 kann dafür die richtigen Anreize und eine passende Unterstützung bieten. Dabei dürfen die Beiträge und Risikoübernahmen der einzelnen Mitgliedstaaten, insbesondere der Bundesrepublik Deutschland, jedoch nicht unangemessen erhöht werden, um den Handlungsspielraum der einzelnen Mitgliedstaaten zu erhalten.
Einer Finanzierung von Maßnahmen durch Instrumente gemeinsamer Verschuldung wie etwa europäische Staatsanleihen (sog. "Euro-Bonds", "Recovery-Bonds" oder "Corona-Bonds") erteilt der Landtag in jedweder Form eine klare Absage. Sie entsprechen nicht dem Gedanken der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Jeder Mitgliedstaat trägt die Verantwortung für seine Politiken. Vielmehr ist von allen Mitgliedstaaten europäischer Geist und Ehrgeiz gefordert. Gelebte Solidarität muss Hand in Hand gehen mit nationalen Bemühungen um eine starke Wirtschaft, ein nachhaltiges Sozialwesen und stabile Finanzen.
Die Ausbreitung des Corona-Virus in Europa hat in vielen europäischen Ländern Notlagen in den Gesundheitssystemen ausgelöst, die noch vor wenigen Monaten unvorstellbar waren. Auch die in Europa getroffenen, harten und notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus stellen die Menschen, die Wirtschaft und die sozialen Systeme in den europäischen Staaten vor große Herausforderungen. Europa droht in eine schwere Rezession zu rutschen. Strukturelle, wirtschaftliche und fiskalische Schwierigkeiten, die bereits vor der Corona-Krise bestanden, verschärfen sich erheblich.
In dieser Situation steht Europa solidarisch zusammen und unternimmt eine gemeinsame, große Kraftanstrengung. Die EU-Finanzminister haben kurz vor Ostern ein Paket an schnell wirksamen Hilfen geschnürt, das kurzfristig rund 540 Milliarden Euro mobilisiert, mit Krediten für Euro-Staaten zur Bewältigung der Corona-Krise, mit Krediten zur Sicherung der Liquidität gerade von kleineren und mittleren Unternehmen und mit dem Programm -Sure- zur Sicherung von Arbeitsplätzen in Europa durch Unterstützung der Kurzarbeitergeldregelungen der Mitgliedstaaten. Dieses beispiellose Kreditprogramm wird ergänzt durch die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank, insbesondere deren Kaufprogramm für Staats- und Unternehmensanleihen mit einem Volumen von 750 Mrd. Euro.
Mit dem mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 müssen die Weichen in Europa auf wirtschaftliche Erholung und auf ein zukunftsfähiges Europa gestellt werden.
Bei aller europäischer Solidarität ist zu beachten, dass auch Deutschland selbst vor großen finanziellen Herausforderungen zur Bewältigung der Corona-Krise und anderer Aufgaben steht. Der Finanzierungsanteil der Bundesrepublik Deutschland kann deshalb nicht in unangemessenem Maße ansteigen, zumal die Abgabenbelastung in Deutschland bereits heute auch im europäischen Vergleich hoch ist. Außerdem ist zu beachten, dass Deutschland über seinen Anteil an der Europäischen Zentralbank bereits erhebliche Risiken mitträgt.
Eine gemeinsam getragene Schuldenaufnahme, also eine Vergemeinschaftung von Schulden, ist abzulehnen. Die Wirtschafts-, Sozial- und Fiskalpolitik liegt in der Verantwortung der jeweiligen Mitgliedstaaten. Diese Verantwortung muss sich in einer glaubwürdigen, nationalen Haftung widerspiegeln. Eine Vergemeinschaftung von Schulden würde diese Einheit von Handeln und Haftung aufheben: Ein Land würde für die Schulden des anderen mithaften, ohne Einfluss auf die dortige Politik nehmen zu können.
Außerdem bestünde bei Euro-Bonds oder anderen Formen der Vergemeinschaftung von Schulden die erhebliche Gefahr, dass davon nicht die Menschen und Betriebe in Europa profitieren, die in dieser Situation wirklich Unterstützung benötigen. Euro-Bonds könnten vielmehr zu einem Sicherungsinstrument für die großen Gläubiger bisheriger Schulden wie Hedge-Fonds, Investmentbanken und Großanleger werden.