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zur Änderung der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag

10.11.2020 - Antrag | 18/11159

Initiatoren:
Thomas Kreuzer, Winfried Bausback, Alexander König, Tobias Reiß, Tanja Schorer-Dremel, Petra Guttenberger, Franz Rieger, Josef Schmid, Karl Straub, Walter Taubeneder, Florian Streibl, Fabian Mehring, Peter Bauer, Manfred Eibl, Susann Enders, Hubert Faltermeier, Hans Friedl, Tobias Gotthardt, Eva Gottstein, Joachim Hanisch, Wolfgang Hauber, Johann Häusler, Leopold Herz, Alexander Hold, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Gabi Schmidt, Jutta Widmann, Benno Zierer

In der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag (BayLTGeschO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2009 (GVBl. S. 420, BayRS 1100-3-I), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 20. April 2020 (GVBl. S. 223) geändert worden ist, wird anstelle des außer Kraft getretenen § 193a folgender § 193a neu eingefügt:


 


-§ 193a


Besondere Anwendung der Geschäftsordnung aufgrund der fortdauernden Beeinträchtigung durch COVID-19


 (1) ¹Alle Ausschüsse tagen in Abweichung zu der gemäß § 25 Abs. 1 bestimmten Mitgliederzahl in einer Besetzung von insgesamt 11 Mitgliedern, wobei eine Repräsentation entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen nach Sainte-Laguë/Schepers sichergestellt sein muss. ²Die Rechte der Mitglieder des Landtags aus § 136 Abs. 1 Satz 2 bleiben unberührt.


(2) ¹Mitglieder des Landtags, die



  1. auf der Grundlage der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf der COVID-19-Krankheit haben (Hochrisikopersonen),

  2. mit einer solchen Hochrisikoperson in einem gemeinsamen Haushalt leben oder

  3. sich in behördlich angeordneter Absonderung befinden,


können in Abstimmung mit der oder dem Ausschussvorsitzenden an den Sitzungen eines Ausschusses durch Zuschaltung per Videokonferenztechnik teilnehmen. ²Dies gilt auch für die Anhörung von Sachverständigen. ³Geheime Sitzungen können nicht mit Videokonferenztechnik durchgeführt werden. 4Abstimmungen in Sitzungen der Ausschüsse erfolgen bei einer Zuschaltung mit Videokonferenztechnik durch namentlichen Aufruf des zugeschalteten Mitglieds oder der zugeschalteten Mitglieder. 5Ein durch Videotechnik zugeschaltetes Mitglied gilt als anwesend im Sinne des § 166 Abs. 1 Satz 1. Die Einschätzung, ob ein Mitglied oder eine mit dem Mitglied im gemeinsamen Haushalt lebende Person eine Hochrisikoperson ist, trifft das Mitglied nach Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt selbst.


(3) Eine Zuschaltung per Videokonferenztechnik kann die oder der Ausschussvorsitzende mit Zustimmung des Ausschusses auch für Sachverständige, Mitglieder der Staatsregierung, Vertreterinnen und Vertreter der Staatsregierung sowie für Petentinnen und Petenten ermöglichen.


(4) ¹Öffentliche Sitzungen werden zusätzlich als Echtzeitübertragung im Internet (Livestream) übertragen. 2Öffentlich im Sinne des § 96 Abs. 1 Satz 1 und des § 138 Abs. 1 Satz 1 sind Sitzungen auch dann, wenn der Öffentlichkeit Zugang ausschließlich durch elektronische Übermittlungswege gewährt wird.


(5) ¹Die Abs. 1 bis 4 finden längstens bis zum 31. März 2021 Anwendung. ²Vor diesem Datum kann jeder Absatz jederzeit auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Landtags durch Beschluss des Landtags aufgehoben werden.-



Aufgrund der fortdauernden Beeinträchtigungen durch COVID-19 ist es erforderlich, die Funktionsfähigkeit des Landtags zu sichern und zu gewährleisten, dass dieser jederzeit seine verfassungsrechtlichen Aufgaben, insbesondere die Gesetzgebung, wahrnehmen kann. Es gilt, Ansteckungsrisiken durch COVID-19 im Hinblick auf die Durchführung erforderlicher Sitzungen des Plenums und der Ausschüsse zu vermeiden. Zugleich muss die in Art. 22 der Bayerischen Verfassung verankerte Öffentlichkeit der Verhandlungen des Bayerischen Landtags gewährleistet werden.


Dazu wird in die Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag befristet ein neuer § 193a eingefügt, der eine Anwendung besonderer Regelungen unter den Voraussetzungen der fortdauernden Beeinträchtigungen durch COVID-19 ermöglicht.


Zu Abs. 1


Die Mitgliederzahl aller Ausschüsse des Bayerischen Landtags wird vorübergehend auf 11 reduziert. Dies ist die kleinste Anzahl von Ausschussmitgliedern, bei der nach Sainte-Laguë/Schepers eine im Verhältnis zur aktuellen Fraktionsstärke stehende Repräsentation aller Fraktionen abgebildet werden kann. Hiermit soll bei den Ausschüssen zur Vermeidung von Ansteckungsrisiken die Durchführung von Sitzungen mit einer geringeren Anzahl von anwesenden Abgeordneten ermöglicht werden. Jede Fraktion benennt rechtzeitig die Mitglieder ihrer Fraktion die an der jeweiligen Ausschusssitzung teilnehmen. Diese Mitglieder sind nach § 136 Abs. 1 Satz 1 berechtigt und verpflichtet, an dieser Sitzung teilzunehmen. Die übrigen Mitglieder des Landtags verfügen weiterhin über ihre Rechte aus § 136 Abs. 1 Satz 2, insbesondere über das Recht zur Teilnahme, nicht aber über das Recht zur Teilnahme an Abstimmungen in dieser Sitzung.


Zu Abs. 2


In den beschriebenen, durch wesentlichen Belange - Gesundheitsschutz und Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Parlaments - begründeten Ausnahmefällen sollen abweichend vom weiterhin bestehenden Regelfall der Präsenz im Landtag auch Zuschaltungen von Mitgliedern durch Videokonferenztechnik ermöglicht werden, die sich selbst oder eine Person ihres Haushalts als Hochrisikoperson ansehen oder sich in behördlich angeordneter Absonderung befinden. Es soll jedem Mitglied selbst obliegen, nach Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt die Zugehörigkeit zur Hochrisikopersonengruppe einzuschätzen. Dabei soll vor allem auch auf die vom Robert-Koch-Institut veröffentlichen Hinweise, Informationen und Hilfestellungen für Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf zurückgegriffen werden. Es obliegt den Fraktionen, gegenüber dem Landtagsamt ihre Mitglieder zu benennen, die von der durch Abs. 2 Satz 1 geschaffenen Möglichkeit Gebrauch machen.


Die ausnahmsweise Möglichkeit zur Verwendung von Videokonferenztechnik soll ausdrücklich auch für Anhörungen gelten. Aus Gründen der Datensicherheit soll die Möglichkeit aber nicht für geheime Sitzungen bestehen. Abstimmungen müssen namentlich erfolgen, da ansonsten eine klare Ermittlung der Abstimmungsergebnisse nicht gewährleistet werden kann. Die Zuschaltung soll die Präsenz des Mitglieds auch insoweit vollständig ersetzen, als es um Fragen der Beschlussfähigkeit des Ausschusses geht.


Zu Abs. 3


Um die Anwesenheit von Personen in den Ausschusssitzungen gering zu halten und damit Ansteckungsrisiken zu vermeiden soll die Möglichkeit geschaffen werden, auch Sachverständige, Mitglieder der Staatsregierung, Vertreterinnen und Vertreter der Staatsregierung sowie Petentinnen und Petenten per Videokonferenztechnik zuschalten zu können.


Zu Abs. 4


Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 sind Sitzungen der Vollversammlungen sowie nach § 138 Abs. 1 Satz 1 Sitzungen der Ausschüsse des Landtags öffentlich, soweit nicht nach Art. 22 der Verfassung die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Durch die Regelung in Abs. 4 des neuen § 193a wird klargestellt, dass der Öffentlichkeitsgrundsatz bei Plenar- und Ausschusssitzungen auch dann gewahrt ist, wenn die Öffentlichkeit einen Zugang ausschließlich über elektronische Übermittlungswege erhält. Hierzu wird das Livestreaming zugelassen, weil die Öffentlichkeit aufgrund der Einschränkung des Besuchsverkehrs in den Sitzungen des Landtags nicht durch persönliche Anwesenheit hergestellt werden kann. Hierdurch wird erreicht, dass öffentliche Plenar- und Ausschusssitzungen weiterhin durchgeführt werden können, auch wenn zur Vermeidung von Ansteckungsrisiken und zur Eindämmung der Corona-Pandemie der Besuchsverkehr im Landtag eingeschränkt werden muss.


Zu Abs. 5


Abs. 5 legt fest, dass die aufgrund der besonderen Situation erforderliche Regelung des § 193a längstens bis zum 31. März 2021 Anwendung findet. Auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder des Landtags kann der Landtag jederzeit beschließen, die Regelungen in den Absätzen 1 bis 4 ganz oder teilweise aufzuheben.

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