Thomas Kreuzer, Winfried Bausback, Alexander König, Tobias Reiß, Tanja Schorer-Dremel, Walter Nussel, Eric Beißwenger, Martin Schöffel, Josef Zellmeier, Martin Bachhuber, Volker Bauer, Barbara Becker, Alfons Brandl, Wolfgang Fackler, Alexander Flierl, Hans Herold, Johannes Hintersberger, Michael Hofmann, Gerhard Hopp, Martin Huber, Petra Högl, Harald Kühn, Petra Loibl, Thorsten Schwab, Klaus Steiner, Steffen Vogel, Martin Wagle, Ernst Weidenbusch, Georg Winter
Die Staatsregierung wird aufgefordert, den Bau von Gülletiefbehältern in Bayern weiterhin zu erleichtern bzw. zu ermöglichen, indem bis auf Weiteres im Wege der Ausnahme nach § 16 Abs. 3 AwSV Leckageerkennungsysteme nach dem sog. -Gruber Modell- anerkannt werden. Den für den Gesetzesvollzug zuständigen Kreisverwaltungsbehörden soll nach wie vor nachdrücklich empfohlen werden, solche Ausnahmen zuzulassen, solange - wie gegenwärtig - keine ausreichende Anzahl bauaufsichtlicher Verwendbarkeitsnachweise des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) vorliegt, die für die in Bayern angewandten Bauweisen geeignet sind und mit zumutbarem Aufwand eingesetzt werden können. Bei den Ausnahmen soll zudem auf überzogene zusätzliche Anforderungen (z. B. Nachreichen entsprechender DIBt-Zulassungen, verkürzte Prüfintervalle) verzichtet werden.
Die Staatsregierung wird weiterhin aufgefordert sich auf Bundesebene für eine einheitliche und zügige Lösung der Problematik einzusetzen.
Der Bau von Gülletiefbehältern stellt die Landwirtschaft weiterhin vor erhebliche Probleme. Für den Bau von Güllebehältern ist die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) des Bundes einschlägig. Seit Inkrafttreten dieser Rechtsverordnung im Jahr 2017 kommt es zu massiven Vollzugsproblemen im Zusammenhang mit der bauaufsichtlichen Zulassung von Bauprodukten und Bauarten, die bei der Herstellung von Jauche-, Gülle- und Silagesickersaftanlagen (JGS-Anlagen, i. W. Güllebehälter, Fahrsilos) verwendet werden sollen. Nach Nr. 2.1 der Anlage 7 zur AwSV ist vorgeschrieben, dass für JGS-Anlagen nur Bauprodukte, Bauarten oder Bausätze verwendet werden dürfen, für die bauaufsichtliche Verwendbarkeitsnachweise unter Berücksichtigung wasserrechtlicher Anforderungen vorliegen. Nach der davor geltenden bayerischen VAwS war für den Bau von JGS-Anlagen kein bauaufsichtlicher Verwendbarkeitsnachweis erforderlich. Durch das Inkrafttreten der AwSV wurde das Erfordernis eines Verwendbarkeitsnachweises ohne Übergangsfrist eingeführt.
Für die Erteilung bauaufsichtlicher Zulassungen ist das DIBt zuständig. Für die in Bayern meistens errichteten Gülletiefbehälter sind die bislang zugelassenen Leckageerkennungssysteme grundsätzlich nicht geeignet. Die Verwendung vom DIBt zugelassener Bauprodukte, Bauarten oder Bausätze würde in der Praxis zu Folgeproblemen führen, da bauliche Maßnahmen z. B. gegen Aufschwimmen der Behälter erforderlich würden. Wie zu beobachten ist, gestaltet sich das Antragsverfahren auf Erteilung eines Verwendbarkeitsnachweises beim DIBt sehr komplex. Das auf industrielle Massenprodukte ausgelegte (Material-)Prüfverfahren des DIBt ist nicht auf landwirtschaftliche (Spezial)Bauten mit entsprechenden Anwendungsanforderungen ausgerichtet und wird auch auf längere Sicht Schwierigkeiten bei der Umsetzung verursachen. Gleichzeitig ist nicht bekannt, dass es in der Vergangenheit alleine durch die Verwendung von Bauprodukten ohne bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis bei Gülletiefbehältern zu Schadensfällen gekommen ist, obwohl solche Behälter in der Praxis - ebenfalls mit Leckageerkennung - seit ca. 20 Jahren nach den Anforderungen der Bayerischen Anlagenverordnung (VAwS) auf die gleiche Art und Weise gebaut wurden. Gleichzeitig erscheinen die bundesrechtlich bzw. durch allgemein anerkannte Regeln der Technik vorgegebenen materiellen Anforderungen an Gülletiefbehälter überzogen. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Baufachleute gerade in Kreisen spezialisierter Behälterbaufirmen diese Regeln scharf kritisieren und eben nicht allgemein anerkennen. Immerhin sind Gülletiefbehälter als JGS-Anlagen gem. § 62 Abs. 1 Satz 3 WHG gegenüber sonstigen Anlagen i.S.v. § 62 Abs. 1 Satz 1 WHG privilegiert, da der -bestmögliche Schutz- weniger strenge Anforderungen aufstellt als der sog. -Besorgnisgrundsatz- (vgl. BT-Drs. 16/12-275, 70; Meyer in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 92. EL Februar 2020, § 62 WHG Rn. 25).
Auch ist festzustellen, dass das DIBt bei seinen Anforderungen für die Zulassung eines Systems über das wasserrechtlich vorgegebene Schutzniveau hinausgeht, das nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und der AwSV in Verbindung mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik (z. B. Technische Regel für wassergefährdende Stoffe 792) vorgegeben wird. Beispielsweise betrifft dies erforderliche Folienstärken oder die Forderung nach automatischer Leckageerkennung. Regelmäßige Eigenkontrollen des Betreibers erkennt das DIBt nicht als ausreichend an.
Die aktuelle Situation stellt die ausführenden Firmen sowie die betroffenen Landwirte weiterhin vor enorme praktische und finanzielle Probleme. Die Sachlage wird zusätzlich erheblich verschärft, dass etliche Landwirte aufgrund der Düngeverordnung gezwungen sind, zusätzlichen Lagerraum für Gülle zu schaffen.
Bei der AwSV handelt es sich um abweichungsfestes Bundesrecht. Die in Bayern zuständigen Kreisverwaltungsbehörden haben jedoch die Möglichkeit, nach § 16 Abs. 3 AwSV im Einzelfall nach pflichtgemäßen Ermessen Ausnahmen von den Anforderungen der AwSV zuzulassen, wenn die für JGS-Anlagen geltenden wasserrechtlichen Anforderungen des § 62 Abs. 1 WHG und der AwSV dennoch erfüllt werden.
Hiervon ist beim sog. -Gruber Modell- (benannt nach dem Ortsteil -Grub- (Poing), Standort der Bayer. Landesanstalt für Landwirtschaft, wo diese Lösung im Rahmen der ALB-Baufachtagung am 11.12.2018 vorgestellt wurde) grundsätzlich auszugehen. Es ist ein Beispiel für eine funktional gleichwertige Ausführung und somit eine wertvolle Erkenntnisquelle, die im Rahmen der Bewertung einer Ausnahme für diese oder ähnliche abweichenden Bauweisen unterstützend herangezogen werden kann. Diese Bauweise wird auch in der DIN SPEC 91425 (-Anforderungen an Leckageerkennungssysteme für allgemein wassergefährdende Stoffe im Bereich der Landwirtschaft-) dargestellt. Die DIN SPEC 91425 wurde unter Mitarbeit von Fachleuten der Bayerischen Bauwirtschaft, der BBV Landsiedlung, der Landesgewerbeanstalt Bayern, der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft sowie des StMUV erarbeitet. Sie definiert die konkreten und praxisgerechten Anforderungen an die Erstellung dieses Leckageerkennungssystems unter Beachtung der Anforderungen der AwSV . Bei der DIN SPEC 91425 handelt es sich jedoch nicht um eine sog. -allgemein anerkannte Regel der Technik-, sie ist daher auch kein Ersatz für einen bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis. Für das Gruber Modell wurde im Dezember 2019 die DIBt-Zulassung beantragt, ein positiver Abschluss des Verfahrens ist aktuell noch nicht absehbar.
Durch eine in der Vollzugspraxis weiterhin empfohlene Anerkennung des sog. -Gruber Modells- als Ausnahme wird zum einen den betroffenen Landwirten der zumutbare Bau von Gülletiefbehältern weiterhin ermöglicht. Zum anderen profitieren auch die von der misslichen Rechtslage ebenfalls betroffenen Kreisverwaltungsbehörden von einem solchen ausdrücklichen Bekenntnis zum sog. -Gruber Modell-, da dies die jeweilige Ermessensentscheidung im Einzelfall erleichtert. Davon unbenommen bleibt die Pflicht des Bauherrn der Anzeige im wasserrechtlichen Verfahren aussagekräftige, auf den Einzelfall bezogene, Planunterlagen beizufügen. Hierdurch kann ein erheblicher Beitrag zum Bürokratieabbau in Bayern geleistet werden, bis die bundesrechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden oder unter Verwendung von Bauprodukten/Bauarten mit Verwendbarkeitsnachweis des DIBt ein zumutbarer Bau von Gülletiefbehältern möglich ist.