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Schutzstatus des Wolfes überprüfen - FFH-Richtlinie vollständig umsetzen

04.03.2021 - Antrag | 18/15511

Initiatoren:
Eric Beißwenger, Martin Schöffel, Tanja Schorer-Dremel, Alexander Flierl, Volker Bauer, Barbara Becker, Alfons Brandl, Wolfgang Fackler, Martin Huber, Petra Högl, Petra Loibl, Thorsten Schwab, Klaus Steiner, Martin Wagle, Florian Streibl, Fabian Mehring, Benno Zierer, Leopold Herz, Peter Bauer, Manfred Eibl, Susann Enders, Hubert Faltermeier, Hans Friedl, Tobias Gotthardt, Eva Gottstein, Joachim Hanisch, Wolfgang Hauber, Johann Häusler, Alexander Hold, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Gabi Schmidt, Jutta Widmann

Die Bestände an Wölfen wachsen seit Jahren in allen Teilen Deutschlands kontinuierlich an. Wie die aktuellen Angriffe von Wölfen auf Gehegewild in Oberfranken zeigen, hat dies zur Folge, dass auch die Schäden an landwirtschaftlichen Nutztieren immer größere Ausmaße annehmen.


Der Wolfsaktionsplan der Staatsregierung, den die zuständigen Verwaltungen umsetzen, beruht auf der geltenden Rechtslage, die durch das Bundesnaturschutzgesetz und die FFH-Richtlinie vorgegeben wird, und schöpft diese aus. Der Blick in andere EU-Mitgliedstaaten verrät aber, dass perspektivisch zum Schutz der Weidewirtschaft neben Herdenschutzmaßnahmen eine Bestandsregulierung in Deutschland nötig sein wird. Hierzu sollten zügig alle EU-rechtlichen Möglichkeiten im nationalen Recht umgesetzt werden, um vorbereitet zu sein.


Die aktuellen Angriffe von Wölfen auf Gehegewild in Oberfranken zeigen, dass die Bemühungen der Staatsregierung zum Schutz der Weidetierhaltung fortgesetzt und ausgeweitet werden müssen. Denn die Weidetiere leisten wertvolle Landschaftspflege und sind Erwerbsgrundlage für viele Bauernfamilien und Schäfer.


Der Landtag fordert die Staatsregierung daher auf,



  • an die Weidetierhalter in den Wolfsgebieten Bayerns zu appellieren, von den Möglichkeiten der Förderung von Herdenschutzmaßnahmen Gebrauch zu machen,



  • sich weiterhin auf Bundesebene für eine vollständige Umsetzung der FFH-Richtlinie in nationales Recht einzusetzen, um eine gemäßigte Bestandsregulierung der Wolfspopulationen nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. e zu ermöglichen,



  • den Bund aufzufordern, die Parameter für die Bewertung des günstigen Erhaltungszustands für Deutschland ggf. unter Berücksichtigung der Vorgehensweise in Frankreich und Skandinavien zu definieren und parallel dazu Bestrebungen hinsichtlich einer staatenübergreifenden Bewertung des Erhaltungszustands fortzuführen,



  • auf allen politischen Ebenen darauf hinzuwirken, den Schutzstatus unter Berücksichtigung der aktuell steigenden Wolfspopulation, zu überprüfen



  • ihre bisherige Strategie, in enger Abstimmung zwischen StMUV, StMELF und insbesondere dem Bayerischen Jagdverband, zu überprüfen und zu berichten, ob der Wolf in die Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes aufgenommen werden kann und als weitere Tierart dem Jagdgesetz unterstellt werden sollte.



Aufgrund der zahlreichen Vorfälle von Wolfsangriffen auf Weidetiere sind die Herdenschutzmaßnahmen in Bayern - wo erforderlich - zu intensivieren. Die Umsetzung zumutbarer Herdenschutzmaßnahmen sind die erste Handlungsoption zur Eindämmung von Konflikten mit der stetig wachsenden Wolfspopulation in Bayern. Die Staatsregierung hat ein umfassendes Förderprogramm für die Weidetierhalter in Bayern eingerichtet.


Zudem muss Deutschland die Möglichkeiten der FFH-Richtlinie auch tatsächlich ausschöpfen, damit die aus dem strengen Schutzstatus resultierenden Konflikte bei Bedarf wirksam abgemildert werden können.


Weiter sollte auch der strenge Schutzstatus hinterfragt und der Erhaltungszustand des Wolfs realistisch beurteilt werden. Hinzu kommt, dass der Wolf auf Grund der gestiegenen Populationen in weiten Teilen Europas nicht mehr vom Aussterben bedroht ist. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat daher den Wolf mit europaweit mittlerweile ca. 17.000 Exemplare in ihrer (unverbindlichen) Rote Liste als -nicht gefährdet- eingestuft, während das Bundesamt für Naturschutz (BfN) den Wolf weiterhin als -gefährdet- und mit -ungünstigem Erhaltungszustand- auf seiner Liste führt.


Nicht nur im Alpenraum gibt es Überschneidungen der neuen Verbreitungsräume für Großraubtiere wie den Wolf mit den traditionellen Alm- und Weidewirtschaftsgebieten für Nutztiere insbesondere für Rinder und Schafe. Kleinräumige und topographische Voraussetzungen behindern ein konfliktfreies Miteinander von Wölfen mit einer traditionellen Alm- und Weidewirtschaft.


Aber auch in Zukunft muss eine traditionelle, über Jahrhunderte gewachsene Alm- und Weidewirtschaft mit herkömmlichen Methoden möglich sein. Diese durch die landwirtschaftliche Nutzung entstandene Kulturlandschaft ist Erholungsraum, bietet Schutz vor Naturgefahren wie Lawinen und Muren, ist Grundlage für eine hohe tierische und pflanzliche Artenvielfalt (Biodiversität) und leistet einen hohen Beitrag für den Artenschutz auch im Rahmen von Natura 2000.


Der strenge Schutz nach § 7 Abs. 2 Nrn. 13 und 14 BNatSchG in Verbindung mit Anhang IV der europäischen FFH-Richtlinie 92/43/EWG setzt den gesetzlichen Rahmen für den Umgang mit dem Wolf. Der Wolf zählt hiernach zu den besonders und streng geschützten Arten. Eine Änderungsmöglichkeit für Bayern besteht diesbezüglich aktuell nicht. Dabei sollte aber auch berücksichtigt werden, dass bei der Konzeption und dem Inkrafttreten der europäischen FFH-Richtlinie es in vielen Ländern des Alpenraums nur wenige Großraubtiere wie den Wolf gab.


Die Bayerische Staatsregierung muss daher auf nationaler und internationaler Ebene aktiv bleiben und sich bei der Bundesregierung und der EU-Kommission (KOM) für ein länder- und staatenübergreifendes Monitoring zu einer Neubewertung des Erhaltungszustands sowie für eine Absenkung des Schutzstatus einsetzen..


Für die Feststellung des Erhaltungszustands wäre es zudem sinnvoll, entgegen der jetzigen Praxis auf die staatenübergreifende Gesamtpopulation des Wolfs abzustellen und damit eine neue Bezugsgröße für den Populationsbegriff zu finden.


Gleichzeitig müssen stärker auch die Erfahrungen der europäischen Nachbarn einbezogen und ein staatenübergreifendes Monitoring etabliert werden.


 


 

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