Antragssuche

-Gemeinsam dem Kiebitz helfen- - Untersuchung geeigneter Kiebitzschutzmaßnahmen mittels eines gemeinsamen Forschungsprojektes von Landwirtschaft und Naturschutz

15.04.2021 - Antrag | 18/16180

Initiatoren:
Petra Loibl, Eric Beißwenger, Martin Schöffel, Tanja Schorer-Dremel, Volker Bauer, Barbara Becker, Alfons Brandl, Wolfgang Fackler, Alexander Flierl, Martin Huber, Petra Högl, Thorsten Schwab, Klaus Steiner, Martin Wagle, Florian Streibl, Fabian Mehring, Benno Zierer, Peter Bauer, Manfred Eibl, Susann Enders, Hubert Faltermeier, Hans Friedl, Tobias Gotthardt, Eva Gottstein, Joachim Hanisch, Wolfgang Hauber, Johann Häusler, Leopold Herz, Alexander Hold, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Gabi Schmidt, Jutta Widmann

Die Staatsregierung wird aufgefordert, dem Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz über den Erfolg bisheriger Schutzmaßnahmen zur Rettung des Kiebitzes in Bayern sowie weitergehender Möglichkeiten flächendeckender und kiebitzfreundlicher Bewirtschaftungsalternativen schriftlich zu berichten.


Dabei ist insbesondere auf folgende Fragen einzugehen:



  • In welchen Regionen Bayerns sind die einzelnen Offenlandarten (Brachvogel, Rebhuhn, Schafstelze, Wachtel, Feldlerche, Feldhase) besonders zu beobachten-

  • Wie haben sich die Populationsbestände in den letzten 50 Jahren entwickelt-

  • Welche Fördermaßnahmen zum Artenerhalt wurden bisher ergriffen-

  • Welche Schutzmaßnahmen haben sich als besonders effektiv in Gebieten mit erhöhten Kiebitzvorkommen gezeigt-

  • Wie praktikabel ist eine flächendeckende Bewirtschaftungsruhe während der Kiebitzbrutzeit (10. März bis zum 30. April) bei gleichzeitiger Entschädigung der beteiligten Landwirte-

  • Bei welchen Kulturarten - außer Mais - ist eine solche Wirtschaftsruhe ebenfalls möglich-

  • Wie hoch ist die Überlebenschance von Nestern und Küken bei einem im Anschluss an die Wirtschaftsruhe folgendem Direkteinsaat-Verfahren ohne flächige Bodenbearbeitung und Schleppschlauchdüngung-

  • Welche Finanzierungsmöglichkeiten sind bei einem geplanten Forschungsprojekt zur Ermittlung der nachhaltigen Wirksamkeit der beiden genannten flächendeckenden Ackerbewirtschaftung gegeben-

  • Gibt es weitere Möglichkeiten einer flächendeckenden und kiebitzfreundlichen Ackerbewirtschaftung-


 



Jährlich brüten im Landkreis Dingolfing-Landau rund 700 Kiebitzpaare. Mit diesem erheblichen Anteil von 31% des bayerischen Kiebitzbestandes ist der Landkreis Hauptbrutgebiet für Kiebitze in Bayern und hat damit eine landesweite Verantwortung für diese gefährdete Vogelart. Doch die im bayernweiten Vergleich noch hoch erscheinenden Brutzahlen im Landkreis Dingolfing-Landau täuschen darüber hinweg, dass auch hier der Kiebitzbestand in den letzten 30 Jahren sehr stark abgenommen hat. So sind Vilstal und Aitrachtal heute beinahe kiebitzfrei, wogegen nach Aussagen der Bevölkerung noch in den 1990er Jahren hier fast flächig Kiebitze brüteten. Wegen dieses häufigen Vorkommens wurde der Art damals kein besonderes Augenmerk geschenkt und die Bestände nicht flächendeckend kartiert.


Mit dem Kartierungsprojekt -Kiebitz-Volkskartierung-Dingolfing-Landau- des Bund Naturschutzes wurden in den Jahren 2018 und 2020 im Landkreis Dingolfing-Landau erstmals alle Kiebitzpaare erfasst. Die Kartierung zeigt, dass der Kiebitzbestand im Landkreis innerhalb von zwei Jahren um 98 Brutpaare abgenommen hat (2018: 774 Paare, 2020: 676 Paare). Dieser dramatische Abwärtstrend spiegelt die deutschlandweiten Entwicklungen wider: Zwischen 1992 und 2016 sind die Kiebitzbestände in Deutschland um 88 Prozent zurückgegangen. Zur Erhaltung einer Kiebitzpopulation ist ein Bruterfolg von mindestens 0,7 Küken pro Brutpaar und Jahr notwendig; zur Bestandsvergrößerung wäre ein noch höherer Wert nötig. Aktuelle Bruterfolgskartierungen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt in ausgewählten Brutgebieten des Kiebitzes im Königsauer Moos, Großköllnbacher Moos und Wallersdorfer Moos zeigen, dass der Bruterfolg pro Kiebitzpaar mit jährlich 0,3 flugfähigen Küken alarmierend gering ist. Wird nicht gegengesteuert, werden die Kiebitze auch im Landkreis Dingolfing-Landau auf lange Sicht aussterben. Und verschwindet der Kiebitz, verschwinden auch andere Arten des offenen Kulturlandes wie Brachvogel, Rebhuhn, Schafstelze, Wachtel, Feldlerche, Fasan und Feldhase.


Die -Kiebitz-Volkskartierung-Dingolfing-Landau- zeigt weiter, dass für das Kiebitzsterben hauptsächlich eine landwirtschaftliche Ackerbewirtschaftung verantwortlich ist, die Feuchtwiesen trockenlegt und sich nicht an die Bedürfnisse der Wiesenbrüter anpasst. Kiebitze legen ihre Nester ab Mitte März zu mehr als 90% in Feldern zwischen den Ackerschollen oder in Winterbrachen und Mulchsaaten ab. Bis die Küken schlüpfen dauert es etwa bis Mitte April. Aufgrund ihres angeborenen Tarnverhaltens flüchten die Küken in den folgenden Wochen bei Gefahr nicht, sondern ducken sich. Genau in dieser Zeit - ab Mitte März bis Ende April -erfolgt jedoch die Frühjahrsbestellung der Felder mit Düngen, Eggen und Ansäen: Rund 90% der Kiebitz-Erstgeburten werden dadurch zerstört. Im Landkreis Dingolfing-Landau sterben hochgerechnet jährlich ca. 2.200 Kiebitze in Form von Eiern und Nestern.


Der Landschaftspflegeverband Dingolfing-Landau, der Landesbund für Vogelschutz Dingolfing-Landau und der Bund Naturschutz Dingolfing-Landau führen in Zusammenarbeit mit der Naturschutzverwaltung seit 2 Jahren Einzelschutzmaßnahmen in den Kiebitzbrutgebieten vor Ort durch (Förderung von Einzel-Gelegeschutz von Kiebitzinseln, Verbesserung der Nahrungssituation durch Anlage von Wiesenseigen und Grünstreifen sowie verspätete Bewirtschaftung ab 21.5. auf ausgewählten Einzelflächen). Diese Maßnahmen haben sich als erfolgreich erwiesen; werden jedoch aufgrund begrenzter Geldmittel nur auf wenigen Hektar Fläche durchgeführt. Zudem sind die genannten Einzelschutzmaßnahmen nur für Gebiete mit wenigen Brutpaaren geeignet. Für Gebiete mit hunderten Brutpaaren sind flächendeckende Schutzmaßnahmen in Form einer kiebitzfreundlichen Ackerbewirtschaftung notwendig. Vorstellbar sind eine Bewirtschaftungsruhe während der Brutzeit vom 10.3. bis 30.4. und danach eine Ansaat im Direkteinsaat-Verfahren ohne flächige Bodenbearbeitung und Schleppschlauchdüngung. Die Wirtschaftsruhe ermöglicht das Ausbrüten der Erstgelege; die anschließende Nest- und Kükenschonende Direkteinsaat reduziert die Verluste bei verspäteten Erst- und Zweitbruten. Nach Einschätzung von Seiten der Landwirtschaft wäre eine zeitlich begrenzte Bewirtschaftungsruhe beispielsweise im Maisanbau ohne wesentlichen Ertragsverlust möglich. Eine entsprechende Entschädigung könnte zudem zu einer guten Akzeptanz bei den Landwirten für diese Einschränkungen in der Bewirtschaftung führen.


Die Wirksamkeit der genannten kiebitzfreundlichen und flächendeckenden Bewirtschaftungsformen soll mittels eines Forschungsprojektes untersucht werden. Aufgrund des engen landwirtschaftlichen Bezugs sollte das Projekt in der bayerischen Landwirtschaftsverwaltung angesiedelt werden. Die Finanzierung, Antragsstellung und Auszahlung könnte durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten koordiniert und organisiert werden; Landwirte, Naturschutzverbände und Naturschutzverwaltung übernehmen die naturschutzfachlichen Inhalte wie Beratung, Überwachung, Kartierungen, Datenlieferung sowie die Einbindung der Bevölkerung.

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