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Ambulante medizinische Versorgung sicherstellen, Schutz der Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen stärken IV:
Verhinderung einer marktbeherrschenden Stellung investorenbetriebener medizinischer Versorgungszentren

21.06.2021 - Antrag | 18/17876

Initiatoren:
Bernhard Seidenath, Tanja Schorer-Dremel, Barbara Becker, Alfons Brandl, Karl Freller, Marcel Huber, Beate Merk, Martin Mittag, Helmut Radlmeier, Florian Streibl, Fabian Mehring, Susann Enders, Peter Bauer, Manfred Eibl, Hubert Faltermeier, Hans Friedl, Tobias Gotthardt, Eva Gottstein, Joachim Hanisch, Wolfgang Hauber, Johann Häusler, Leopold Herz, Alexander Hold, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Gabi Schmidt, Jutta Widmann, Benno Zierer

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene für entsprechende Regelungen einzusetzen, die eine marktbeherrschende Stellung investorenbetriebener medizinischer Versorgungszentren (MVZ) verhindern, indem



  • die bereits für die Zahnärzte geltenden Einschränkungen für den vertragsärztlichen Bereich übernommen werden,

  • die derzeit für MVZ bestehende Möglichkeit eines planungsbereichsübergreifenden Erwerbs von Arztstellen eingeschränkt wird, indem sichergestellt wird, dass ein MVZ insbesondere mit Blick auf die erforderliche ärztliche Leitung nur solche Arztsitze erwerben kann, die sich in räumlicher Nähe zu dessen Betriebsstätte befinden, sowie

  • eine Obergrenze für die Zahl der in einem MVZ tätigen angestellten Ärztinnen und Ärzte eingeführt wird.



Seit der Einführung medizinischer Versorgungszentren (MVZ) im Jahr 2004 hat sich die Zahl der MVZ in der ambulanten medizinischen Versorgung sehr dynamisch entwickelt. Neben den Chancen, die diese neue Art der Leistungserbringung mit sich bringt, wurde seit der Teilnahme von MVZ an der vertragsärztlichen Versorgung auch über deren Risiken diskutiert. Gerade in den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass insbesondere zwei von Beginn an befürchtete Entwicklungen Realität wurden und zunehmend Sorge bereiten: Zum einen eine sich abzeichnende Tendenz zu marktbeherrschen-den MVZ-Unternehmen, die über eigene MVZ-Ketten in einzelnen Regionen und Leistungsbereichen die vertragsärztliche Versorgung dominieren (regionale Konzentration). Zum anderen die Renditeorientierung bestimmter Akteure im Bereich der MVZ. Beide Tendenzen werden maßgeblich durch das immer stärkere Investment von Private-Equity-Gesellschaften befördert.


Diesen Entwicklungen muss entgegengetreten werden. Sie bedrohen entscheidende Eckpfeiler unseres Gesundheitswesens. Der Einfluss einer hauptsächlich auf Rendite ausgerichteten Inhaberstruktur stellt eine Gefahr für die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidungen der in einem MVZ tätigen Ärzte dar und beeinträchtigt massiv das sensible Arzt-Patienten-Verhältnis. Darüber hinaus gefährden Konzentrationsprozesse und eine Anbieterdominanz die freie Arztwahl und die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Schließlich werden durch MVZ, die sich in Händen von Finanzinvestoren, insbesondere Private-Equity-Gesellschaften befinden, Versichertenbeiträge in nicht unbeträchtlicher Höhe in Gewinne der einzelnen Kapitalgeber -umgeleitet-. Diese Gewinne, die oft über -Steueroasen- abgewickelt werden, fließen in der Regel nicht wieder in das deutsche Gesundheitssystem zurück, was letztlich auch unsere solidarisch finanzierte Krankenversicherung in Gefahr bringen könnte.


Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) bereits für die vertragszahnärztliche Versorgung festgestellt, dass Konzentrationsprozessen, die für das Versorgungsgeschehen und die Versorgungssicherheit schädlich sind, wirksam begegnet werden muss. Da auch im vertragsärztlichen Bereich investorenbetriebene MVZ in einzelnen Planungsbereichen und hinsichtlich einzelner Leistungsbereiche (z.B. Augenheilkunde, Radiologie oder Labormedizin) über einen ganz beträchtlichen Versorgungsanteil verfügen, erscheint es schon aus Gründen der Gleichbehandlung gerechtfertigt, die bereits für die Zahnärzte geltenden Einschränkungen für den vertragsärztlichen Bereich zu übernehmen. Dies bedeutet, dass auch im vertragsärztlichen Bereich die von Investoren, etwa von Krankenhäusern gegründeten MVZ in einem Planungsbereich nur über einen bestimmten Prozentsatz der für eine bedarfsgerechte Versorgung erforderlichen Arztsitze verfügen dürfen.


Schließlich ist eine Obergrenze für die Zahl der in einem MVZ tätigen angestellten Ärztinnen und Ärzte einzuführen. Es ist nicht ersichtlich, warum hinsichtlich der Leitung und Überwachung angestellter Ärzte für MVZ und Vertragsarztpraxen unterschiedliche Maßstäbe gelten sollen. Während ein Vertragsarzt grundsätzlich nur drei angestellte Ärzte beschäftigen darf, kann ein MVZ auch nur mit einem ärztlichen Leiter eine Vielzahl von Ärzten beschäftigen.


 

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