Franz Rieger, Alexander König, Winfried Bausback, Alex Dorow, Gerhard Hopp, Martin Huber, Florian Streibl, Fabian Mehring, Tobias Gotthardt, Gabi Schmidt, Peter Bauer, Manfred Eibl, Susann Enders, Hubert Faltermeier, Hans Friedl, Eva Gottstein, Joachim Hanisch, Wolfgang Hauber, Johann Häusler, Leopold Herz, Alexander Hold, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Jutta Widmann, Benno Zierer
Der Landtag stellt fest, dass gegen den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die von den Mitgliedstaaten einzurichtenden Mechanismen zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2015/849, COM(2021) 423 final, BR Drs. 740/21, Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsbedenken bestehen.
Der Landtag schließt sich damit der Auffassung der Staatsregierung an.
Die Staatsregierung wird aufgefordert, bei den Beratungen des Bundesrates auf die Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsbedenken hinzuweisen. Sie wird ferner aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass diese Bedenken Eingang in den Beschluss des Bundesrates finden.
Im Einzelnen:
Zwar erfordert die effiziente Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung grundsätzlich einen EU-weiten Ansatz sowie effektive Maßnahmen, gegen den Vorschlag der Kommission bestehen jedoch erhebliche Bedenken:
Soweit die vorgeschlagene Richtlinie vorsieht, dass geldwäschespezifische staatliche Aufsichtsbehörden über Selbstverwaltungseinrichtungen/Kammern eingerichtet werden müssen, verletzt dies die Kompetenzen der Mitgliedstaaten. Es obliegt den Mitgliedstaaten, die effektive Aufsicht über die Selbstverwaltungseinrichtung/Kammern zu regeln. Bereichsspezifische Sonderregelungen für das Geldwäscherecht sind nicht systemkonform und nicht erforderlich.
In Deutschland sind die Kammern (z. B. die Rechtsanwalts- und Steuerberaterkammern) als Selbstverwaltungseinrichtung mit der geldwäscherechtlichen Aufsicht über ihre Mitglieder betraut. Die Kammern wiederum unterliegen in Deutschland bereits der umfassenden Rechtsaufsicht des Staates. Eine bereichsspezifische Überlagerung dieser Staatsaufsicht durch weitere, gesonderte EU-Vorgaben greift in die Organisationshoheit der Mitgliedstaaten ein und ist nicht gerechtfertigt. Zumal sich die geldwäscherechtliche Aufsicht in Deutschland - entgegen den Annahmen des Richtlinienentwurfs - als engmaschig und wirkungsvoll erweist.
Auf diese Thematik hat der Bayerische Landtag bereits am 21. Oktober 2020 in seiner Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission zu einem Aktionsplan für eine umfassende Politik der Union zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, COM (2020) 2800 final, BR-Drs. 325/20, hingewiesen (LT-Drs. 18/10801).
Soweit die vorgeschlagene Richtlinie darüber hinaus eine erweiterte Zugangsberechtigung der FIU auf Steuerdaten einfordert, verletzt sie ebenfalls die Organisationshoheit der Mitgliedstaaten und ist mit dem Grundrechtschutz des deutschen Grundgesetzes sowie des Art. 8 der EU-Grundrechtecharta nicht vereinbar.
Es obliegt zum einen den Mitgliedstaaten, durch innerstaatliche Organisation eine effektive Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sicherzustellen. Dazu gehört auch die Regelung des Informationsaustausches der eigenen staatlichen Behörden.
Zum anderen kann die FIU in Deutschland bereits jetzt bestimmte Daten der Finanzverwaltung anlassbezogen zur Durchführung von operativen Analysen einschließlich der Bewertung von Geldwäscheverdachtsmeldungen bzw. sonstigen Informationen sowie inhaltlich beschränkt auf bestimmte Grunddaten (z. B. Steuernummer, Gewerbekennzahl und USt-Identifikationsnummer) im automatisierten Verfahren abrufen. Diese objektiven Parameter erlauben eine (auch interne) Kontrolle der automatisierten Abrufe. Weitergehende Daten können von Seiten der Finanzbehörde der FIU nach Prüfung der entsprechenden Voraussetzungen bekannt gegeben werden. Der von der vorgeschlagenen Richtlinie vorgesehene sofortige und direkte Zugang zu Finanzdaten ohne weitere Einschränkungen würde eine Verletzung des Steuergeheimnisses und damit eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bedeuten, das nicht nur in Deutschland, sondern auch im europäischen Recht Grundrechtscharakter hat. Das Steuergeheimnis hat die Funktion eines Ausgleichs für die umfassenden Offenbarungs- und Mitwirkungspflichten, die Steuerpflichtige zu erfüllen haben. Eine sofortige und direkte Zugriffsmöglichkeit der FIU auf geschützte Daten ohne konkreten Anlass sowie ohne objektive Kontrollmöglichkeit ist verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Vor allem auch deshalb, weil kein Nachweis vorliegt, dass die bisherigen Informationsbeschaffungsmöglichkeiten der FIU zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland nicht ausreichend sind.
Der Beschluss des Bayerischen Landtags wird unmittelbar an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, den Ausschuss der Regionen und den Deutschen Bundestag übermittelt.