Martin Huber, Petra Guttenberger, Alexander König, Tobias Reiß, Winfried Bausback, Alex Dorow, Gerhard Hopp, Franz Rieger, Stephan Oetzinger, Josef Schmid, Karl Straub, Walter Taubeneder, Florian Streibl, Fabian Mehring, Tobias Gotthardt, Gabi Schmidt, Peter Bauer, Manfred Eibl, Susann Enders, Hubert Faltermeier, Hans Friedl, Eva Gottstein, Wolfgang Hauber, Johann Häusler, Leopold Herz, Alexander Hold, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Robert Riedl, Jutta Widmann, Benno Zierer
Der Landtag stellt fest, dass gegen den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt und zur Ersetzung der Richtlinie 2008/99/EG; COM (2021) 851 final; BR-Drs. 27/22, Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsbedenken bestehen.
Der Landtag schließt sich damit der Auffassung der Staatsregierung an.
Die Staatsregierung wird aufgefordert, bei den Beratungen des Bundesrates auf die Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsbedenken hinzuweisen. Sie wird ferner aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass diese Bedenken Eingang in den Beschluss des Bundesrates finden.
Im Einzelnen:
Zwar ist es nachvollziehbar, dass eine Angleichung der Strafvorschriften in den Mitgliedstaaten die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Delikten der Umweltkriminalität und die effektive Durchsetzung des Umweltrechts der Union verbessern kann.
Der Richtlinienvorschlag geht allerdings aufgrund der detaillierten und tiefgreifenden Vorgaben über das Erforderliche weit hinaus und kann sich insoweit nicht auf eine Kompetenznorm der Europäischen Verträge stützen:
- Die Etablierung einer strafrechtlichen Produktverantwortlichkeit geht weit über das Umweltstrafrecht hinaus und ist nicht notwendig. In Deutschland bestehen mit den allgemeinen Regelungen insbesondere zu den Tötungs- und Körperverletzungsdelikten ausreichende Maßnahmen.
- Der Vorschlag sieht umfangreiche Vorgaben zu konkreten Sanktionsformen, Maßnahmen neben der eigentlichen Kriminalstrafe und zur Strafzumessung vor. Dies greift ohne Notwendigkeit tief in die Sanktionssysteme der Mitgliedstaaten ein. Ein Bedürfnis für die zwischenstaatlicher Zusammenarbeit und die effektive Durchsetzung des Unionsumweltrechts besteht jedoch nicht. Auch in der Sache bestehen erhebliche Bedenken etwa gegen die richterliche Aufsicht über Unternehmen.
- Auch die vorgeschlagenen Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit an Strafverfahren vor sind nicht erforderlich für die Erfüllung der Ziele der Richtlinie. Das deutsche Strafrecht sieht bereits ausreichende Drittbeteiligungsmöglichkeiten vor. Eine Kompetenz für einen derartigen Eingriff in die mitgliedstaatliche Regelungskompetenz besteht nicht.
Vor allem aufgrund dieser konkreten und tiefgreifenden Vorgaben würde die Richtlinie erheblich in das strafrechtliche System der Mitgliedstaaten eingreifen. Ein solcher Eingriff wiegt ums so schwerer, weil es sich bei der verfassungsrechtlich sensiblen Strafrechtspflege um eine zentrale Aufgabe staatlicher Gewalt handelt. Der Landtag ist der Ansicht, dass der Vorschlag nicht mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Für einen derartigen Eingriff besteht keine Kompetenzgrundlage.
Der Beschluss des Bayerischen Landtags wird unmittelbar an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, den Ausschuss der Regionen und den Deutschen Bundestag übermittelt.