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Lieferengpässen von Arzneimitteln entgegenwirken!

21.02.2022 - Antrag | 18/21547

Initiatoren:
Beate Merk, Bernhard Seidenath, Ute Eiling-Hütig, Tanja Schorer-Dremel, Barbara Becker, Gudrun Brendel-Fischer, Alfons Brandl, Karl Freller, Petra Guttenberger, Petra Högl, Petra Loibl, Andreas Lorenz, Martin Mittag, Barbara Regitz, Helmut Radlmeier, Angelika Schorer, Kerstin Schreyer, Sylvia Stierstorfer, Carolina Trautner, Florian Streibl, Fabian Mehring, Susann Enders, Peter Bauer, Manfred Eibl, Hubert Faltermeier, Hans Friedl, Tobias Gotthardt, Eva Gottstein, Wolfgang Hauber, Johann Häusler, Leopold Herz, Alexander Hold, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Robert Riedl, Gabi Schmidt, Jutta Widmann, Benno Zierer

Aufgrund des bestehenden Lieferengpasses für Tamoxifen-haltige Arzneimittel zur Behandlung bei Krebserkrankungen wird die Staatsregierung aufgefordert, sich auf Bundesebene weiterhin für eine Verbesserung der Patientenversorgung mit wichtigen Arzneimitteln wie z.B. Tamoxifen-haltigen Arzneimitteln einzusetzen.


Dazu bedarf es:



  • Von Seiten des Bundes eines verbindlichen Frühwarnsystems und keine freiwillige Selbstverpflichtung, für die Arzneimittel und Wirkstoffe, die im Bezug auf ihre Verfügbarkeit für die Patientenversorgung bereits einer besonderen behördlichen Beobachtung unterliegen. Ziel muss sein, die Versorgung möglichst lückenlos sicherzustellen.

  • von Seiten des Bundes die Verpflichtung der Krankenkassen, Rabattverträge im generikafähigen Bereich je ausgeschriebenem Wirkstoff mit mindestens drei verschiedenen Herstellern abzuschließen. Ein vierter Anbieter sollte regelhaft dann zusätzlich bezuschlagt werden, wenn er den Wirkstoff aus EU-Produktionsstätten bezieht.

  • Von Seiten des Bundes - unabhängig von einer verpflichtenden Mehrfachvergabe - einer Prüfung ob und wie gesetzlich vorzugeben, dass ein Bezug von in der EU produzierten Wirkstoffen bei der Vergabe von Rabattverträgen bevorzugt zu berücksichtigen ist.

  • Von der Europäischen Union und des Bundes der Regelung, dass europäische und nationale Arzneimittelzulassungen nur dann von der Europäischen Kommission bzw. den deutschen Bundesoberbehörden erteilt werden dürfen, wenn sichergestellt ist, dass bei der Herstellung des Arzneimittels und der dazu verwendeten Arzneimittelwirkstoffe europäische Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden, auch wenn die Herstellung in einem Drittstaat erfolgt.

  • von Seiten des Bundes und möglichst auch der Europäischen Unionen in gleicher Weise der Regelung, dass Importe von Arzneimitteln und Wirkstoffen aus Drittstaaten nur dann erlaubt werden können, wenn bei der Produktion auch europäische Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden.

  • Von Seiten des Bundes der Überprüfung des Systems des Exports von Arzneimitteln und Wirkstoffen durch kleinere, nicht vollsortierte pharmazeutische Großhändler von vor allem innovativen und hochpreisigen Arzneimitteln.


Der Landtag untermauert seinen Beschluss (LT-Drs. 18/7479), dass die Produktion von Arzneimitteln und ihrer Wirkstoffe zu ganz wesentlichen Teilen wieder ins Inland, zumindest aber in das Gebiet der Europäischen Union, zurückverlagert wird. Dahingehende Anreize können nichtmonetär wie etwa der Abbau von Bürokratielasten, aber auch finanziell im Sinne gezielter Fördermaßnahmen - im Rahmen vorhandener Stellen und Mittel - sein.



Zur Sicherstellung der Patientenversorgung gehört auch die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln. Die Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) enthält derzeit mehrere hundert Meldungen über Arzneimittel-Lieferengpässe. Viele der in Deutschland eingesetzten Arzneimittel bzw. deren Wirkstoffe werden zwischenzeitlich in China und Indien produziert. Das Auftreten des Corona-Virus und dessen Folgen verschärft die Problematik der Lieferengpässe weiter und gefährdet so die Versorgungssicherheit zusätzlich.


Laut Medienberichten sind ca. 130.000 Frauen und Männer in Deutschland könnten vom derzeitigen Lieferengpass von Tamoxifen betroffen sein. In der Sitzung am 9. Februar 2022 wurden vom Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe nach § 52b Absatz 3b des Arzneimittelgesetzes (AMG) einstimmig verschiedene Maßnahmen zur Abmilderung der Lieferengpässe bei Tamoxifen-haltigen Arzneimitteln, die zur Behandlung bei Brustkrebs verwendet werden, beschlossen. Es bedarf aber über die Mangelverwaltung hinausgehende Maßnahmen, wie die Arzneimittelproduktion ins europäische Inland zurückzuholen, einer Meldeverpflichtung bei Lieferengpässen statt einer freiwilligen Selbstverpflichtung oder einer Abänderung der Rahmenbedingungen für Rabattverträge, um durch Mehrfachvergabe eine Anbietervielfalt sicherstellen und eine Produktion in Europa besonders berücksichtigen zu können. Letztlich muss die die Bevorratung der Krankenhausapotheken weiter ausgedehnt werden, um Lieferengpässe leichter abfedern zu können. 


Zudem sollten Arzneimittelzulassungen nur dann erteilt werden dürfen, wenn sichergestellt ist, dass bei der Herstellung des Arzneimittels und der dazu verwendeten Arzneimittelwirkstoffe europäische Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden, auch wenn die Herstellung in einem Drittstaat erfolgt. Entsprechend sollten ebenfalls Importe von Arzneimitteln und Wirkstoffen aus Drittstaaten nur dann erlaubt werden können, wenn bei der Produktion auch europäische Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden.


Der Export von vor allem innovativen und hochpreisigen Arzneimitteln durch kleinere, nicht vollsortierte pharmazeutische Großhändler sollte ebenfalls überprüft werden. Dabei sollte beispielsweise der (namensgleiche) Großhandel von öffentlichen Apotheken untersagt werden, der in der Überwachung problematisch und immer wieder auch bei Arzneimittelfälschungen im Fokus stand. Die Versorgungssicherheit der Menschen muss oberste Priorität haben - der Profit einzelner kleiner Großhändler muss beendet werden.


Die Produktion von Arzneimitteln und Arzneimittelwirkstoffen in Drittstaaten außerhalb der EU führt zu einer Abhängigkeit von Transport- und Lieferketten sowie von den Umständen vor Ort, welche die Gesundheit der Patientinnen und Patienten in Deutschland zusehends gefährdet.
Es müssen daher wirksame Anreize geschaffen werden, dass die Arzneimittel- und die Arzneimittelwirkstoffproduktion zumindest bei versorgungskritischen Arzneimitteln wieder nach Deutschland zurückverlagert werden - zumindest aber in die EU. Dies wird sicherlich einige Zeit in Anspruch nehmen. Je früher aber damit begonnen wird, desto früher können Liefer- und Versorgungsengpässe bei Arzneimitteln reduziert werden und auch wieder Arzneimittel, die im Inland bzw. innerhalb der EU hergestellt wurden, zuverlässig an die Patientinnen und Patienten, denen sie verschrieben wurden und die sie zur Behandlung ihrer Erkrankungen benötigen, durch Apotheken abgegeben werden.


 

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