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Inklusive Lösung in der Kinder- und Jugendhilfe rechtzeitig angehen

22.02.2022 - Antrag | 18/22199

Initiatoren:
Thomas Huber, Winfried Bausback, Matthias Enghuber, Petra Högl, Andreas Jäckel, Jochen Kohler, Franz Rieger, Andreas Schalk, Sylvia Stierstorfer, Florian Streibl, Fabian Mehring, Susann Enders, Peter Bauer, Manfred Eibl, Hubert Faltermeier, Hans Friedl, Tobias Gotthardt, Eva Gottstein, Wolfgang Hauber, Johann Häusler, Leopold Herz, Alexander Hold, Nikolaus Kraus, Rainer Ludwig, Gerald Pittner, Bernhard Pohl, Kerstin Radler, Robert Riedl, Gabi Schmidt, Jutta Widmann, Benno Zierer

Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass der Bund zeitnah die entscheidungsrelevanten Fragen zur Umsetzung der Zusammenführung der Leistungen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche durch die Träger der Kinder- und Jugendhilfe (sog. inklusive Lösung) klärt und anschließend schnellstmöglich ein entsprechendes Bundesgesetz zur Umsetzung auf den Weg bringt.
Oberste Prämisse muss dabei sein, dass die Zusammenführung beider Leistungssysteme bundesweit auch eine tatsächliche Verbesserung für alle Kinder und Jugendlichen und ihre Familien mit sich bringt und außerdem ausreichende Umsetzungsfristen gewährleistet sind.



Mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz wurde die Zusammenführung der Kinder- und Jugendhilfe mit der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe beschlossen. Die Umsetzung der inklusiven Lösung erfolgt dabei in drei Stufen in einem Zeitraum von sieben Jahren. In der ersten Stufe sollen die bestehenden Schnittstellen zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe bereinigt werden. In der zweiten Stufe werden im Jahr 2024 sogenannte Verfahrenslotsen bei den Jugendämtern eingeführt. In der dritten Stufe ab dem Jahr 2028 übernimmt der Träger der Jugendhilfe die Zuständigkeit für die Leistungen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche vollständig.


Die dritte Stufe steht unter der Voraussetzung, dass bis zum 1. Januar 2027 ein entsprechendes Bundesgesetz verkündet wird, in dem auf Grundlage einer prospektiven Gesetzesevaluation nähere Festlegungen zum leistungsberechtigten Personenkreis, zu Art und Umfang der Leistung, zur Kostenbeteiligung und zum Verfahren erfolgen. Bei der dritten Stufe handelt es sich demnach bisher nur um eine Absichtserklärung.


Die Zielrichtung, die Kooperation von Behindertenhilfe und Jugendhilfe zu verbessern, die Leistungen besser miteinander zu verbinden und die Schnittstellen zu bereinigen, ist sehr zu begrüßen. Voraussetzung für die Zusammenführung der beiden Leistungssysteme ist jedoch eine frühzeitige Klärung der entscheidungsrelevanten Fragen, damit es auch tatsächlich zu Verbesserungen für die betroffenen Kinder, Jugendliche und ihre Familien kommt. Die länderspezifischen Besonderheiten müssen dabei berücksichtigt werden.


In Bayern gibt es beispielsweise die Besonderheit einer dritten kommunalen Ebene. Während die Jugendämter der Landkreise und kreisfreien Städte für die Kinder- und Jugendhilfe zuständig sind, liegt die Zuständigkeit für die Eingliederungshilfe bei den Bezirken. Ändert sich nun die Zuständigkeit für die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche, zieht das massive strukturelle, organisatorische, personelle und auch finanzielle Folgen nach sich. Um die erforderlichen Strukturen zu schaffen, ist ein ausreichender Vorlauf für die Praxis (mindestens drei bis fünf Jahren) notwendig. Nach aktuellem Stand ist bislang nur ein Vorlauf von einem Jahr geplant. Das können die bayerischen Kommunen nicht stemmen.


Schon jetzt stehen die Staatsregierung, der Landesjugendhilfeausschuss sowie das ZBFS-Bayerisches Landesjugendamt in einem engen Austausch mit der Praxis der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Behindertenhilfe, um bestmögliche Lösungen zum Wohl der Kinder und Jugendlichen mit Behinderung auszuloten. Solange der Bund aber die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht gesetzt hat, bleiben eine nicht überwindbare Ungewissheit und Handlungsunsicherheit.


Nur wenn die konkreten Regelungen und Rahmenbedingungen feststehen, können die Kommunen zielgerichtet agieren. Und nur dann kann auch sichergestellt werden, dass die Intention, die Belange von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung und ihrer Familien auch tatsächlich zu verbessern, umgesetzt werden kann.

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